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Gerade die Wohnung eingerichtet und einige wenige Kontakte geknüpft, packen Alice und ihre Mutter Ella schon wieder die Koffer und ziehen weiter. Alice kann sich nicht erinnern, dass es je anders war. Wenn Seltsames geschieht oder merkwürdige Personen auftauchen, wittert Ella sofort Unheil und Alice leidet an Symptomen wie Migräne.
Eines Tages wird ein Brief zugestellt, der den Tod der mysteriösen Märchenerzählerin Althea Proserpine anzeigt. Althea war die Großmutter von Alice, die sich nach ihrem Erfolg mit einem zum Kultklassiker gewordenen Band voll düsterer Märchen auf das Anwesen "Hazel Wood" zurückgezogen hat. Alice hatte sie nie kennengelernt. Kurz nach dieser Todesnachricht verschwindet Ella. Einzig die Botschaft "Halt dich fern von Hazel Wood" kann sie Alice noch hinterlassen.
Aber um Ella wieder zu finden und sich dabei auch womöglich selber auf die Spur zu kommen, muss Alice genau dahin - nach Hazel Wood. Außerdem hat sie jetzt keine Bleibe mehr und ist deshalb froh, dass ein Klassenkamerad aus begütertem Hause ihr Hilfe zugesagt hat. Als "Superfan" von Althea Proserpine hat er im Gegensatz zu Alice ihre Märchen gelesen - und das ist von entscheidender Bedeutung, um das im "Hinterland" gelegene Hazel Wood überhaupt zu finden …
"Hazel Wood - Wo alles beginnt" hat es als Romandebüt der in Illinois geborenen Melissa Albert bereits zu einem New-York-Times-Beststeller gebracht. Und das ist auch insofern bemerkenswert, als der Roman es an Düsternis nicht nur mit Althea Proserpine, sondern auch mit Edgar Allen Poe aufnehmen kann.
Es gibt Bücher, bei denen man sich während der Lektüre wünscht, sie mögen nie aufhören - bei "Hazel Wood - Wo alles beginnt" würde man am liebsten schon nach wenigen Seiten die letzte aufschlagen, um die Lektüre hinter sich zu haben. Aber das geht nicht, denn einmal begonnen, muss man gemeinsam mit der Protagonistin (nicht nur) durch einen dunklen Wald, in der immer kleiner werdenden Hoffnung, endlich wieder ans Licht kommen. Auch wenn Alice schon als Kind zur Therapie gehen sollte, kommt man hier mit Psychologie nicht weiter. Denn wiewohl die Geschichte in der Gegenwart spielt und Smartphones selbstverständlich sind, folgt die Geschichte den Merkmalen und Gesetzen eines phantastischen Märchens - und zwar vor einer Bearbeitung z.B. durch die Gebrüder Grimm. Noch schlimmer: Dieses Märchen handelt von Geschichten, denen die Figuren abhanden kommen und in die "reale" Welt zu fliehen trachten. Ohne sie verhaken sich die Geschichten und können nicht weiter erzählt werden, die verbliebenen Figuren müssen stets die letzte Sequenz in ihrem Leben wiederholen.
Was das Alles mit Alice und Ella zu tun hat? Kann hier nicht verraten werden - nur soviel: Das Ende ist anders als erwartet und dann durchaus zufriedenstellend.
Trotz aller Plot bedingten Haken sehr eingängig geschrieben und mit erfrischend intelligenten Charakteren ausgestattet, ist das Buch empfehlenswert für Jugendliche (und durchaus auch für Erwachsene), die schief gelaufene Lebensgeschichten nicht mit Ponyhof und zuckersüßem Happy End oder von klar identifizierbaren Helden à la Frodo Beutlin und Harry Potter befriedet haben wollen.