buechernachlese.de
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Was hilft gegen flächendeckende Graffiti-Signale und die im Vergleich
zur USA (noch) punktuellen Gewaltanschläge Jugendlicher? Sich aufregen?
Vereine gründen? Die Polizei? Vor 5, 10 oder gar 15 Jahren wäre
die Perspektiven entwickelnde Förderung unserer Kinder und Jugendlichen
sicher leichter und billiger zu haben gewesen - aber noch scheint sie immerhin
möglich, wie die Psychologin und Gesprächstherapeutin Heidrun
Bründel und der Sozial- und Erziehungswissenschaftler Klaus Hurrelmann
in ihrem Buch GEWALT MACHT SCHULE darlegen. Ihre wichtigste Erkenntnis:
Schuldzuschreibungen an die "anderen" nützen gar nichts - wir alle
tragen einen Teil zur Enttäuschung unserer Kinder bei. Dazu muß
man allerdings auch akzeptieren, daß Kinder nicht "an sich" aggressiv
oder "böse" sind, sondern daß ihre immer hemmungsloser ausgelebte Gewaltbereitschaft
die sie derzeit umgebende Gesellschaft spiegelt. Früher war tatsächlich
alles anders:
Vor 20 Jahren gab es z.B. in der alten BRD noch reichlich
Auswahl an Lehrstellen und Arbeitsplätzen, dagegen sind in den letzten
10 Jahren 33% mehr zu den Sozialhilfeempfängern "abgestiegen". Heute
wird ein Drittel der Gesellschaft von den zwei anderen ausgegrenzt: Selbst
schuld, wer keine Arbeit hat oder heutzutage mehr als ein Kind in die Welt
setzt! Weil "Stärke" und "Erfolg" aber so wichtig sind, trifft der
Eiseshauch dieser Hackordnung "natürlich" auch die schwächsten
Glieder unserer Gesellschaft: Unsere Kinder, die dafür nun den unverantwortlich
herbeigeredeten Sündenböcken wie Ausländern und Asylanten
nachstellen. Mit dem Schicksal und dem Vorbild ihrer Eltern geschlagen,
werfen sie ganz "folgerichtig" unter dem Beifall angeblich Erwachsener
Brandsätze gegen angeblich an ihrer Lage Schuldige. Diesem Wirrwarr
entgegen zu wirken, könnte das Verdienst dieses Buches sein, ... wenn
es gutwillige LeserInnen fände. Auch solche, die schon resigniert
meinen, sich keinen Ausweg mehr vorstellen zu können und natürlich
auch diejenigen, die bislang blind an der Generation künftiger Rentenzahler
vorbeigestolpert sind. Die würden dann auch etwas von "interaktiven"
Beziehungsgeflechten erfahren, die man durchaus einzeln analysieren kann,
um sie dann im Einzelnen wie in ihrer Gesamtheit anzugehen. Wahllos herausgepickt
z.B. ein Lösungsversuch für Kinder, die auf dem Pausenhof "immer"
andere verhauen. Als die Grundschullehrerin eines solchen Kindes die Mitschüler
bat, ihr doch einmal zu berichten, wenn der "Schläger" etwas Nettes
getan hat, führte dies fast augenblicklich zu einer neuen Sicht -
des Kindes, der Klasse und der Lehrerin ...
Vieles, was die AutorInnen zusammengetragen haben, ist gar nicht neu,
aber es trägt in leicht faßlicher Sprache die meisten zutage
tretenden Gewaltformen an und von Kindern in deren unterschiedlichen Lebens- und
Erfahrungsbereichen zusammen. Ein Übersicht verschaffendes Kompendium
also, das zudem auf andere Bücher, Therapien etc. verweisen kann und
s.o. auch viele eigene, leicht umsetzbare Lösungsmodelle skizziert.
Zu den etwas Schwierigeren gehört dabei u.a. das Recht auf doppelte
Staatsbürgerschaft. Die beiden AutorInnen benennen damit en passent
das bisherige Versagen der Politik. Für sie heißt das ganz "natürlich",
demnächst entsprechend zu wählen und das einem selbst Mögliche
nicht zu unterlassen.