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"...oder sie gestattete es mir, meinen Kopf zwischen ihre Schenkel
zu stecken. Ich hatte dann furchtbare Angst - Angst vor den Bomben, aber
noch größere Angst vor dem Ende des Luftangriffs, weil ich dann
nicht mehr Magdalenas Brüste oder ihr Vötzchen küssen durfte."
Der Ich-Erzähler ist ein Transvestit, der alles mögliche,
nur kein "richtiger Mann" sein will - auch wenn sein Tonfall zuweilen
an Francois Villon erinnern mag. Deutschland nach der Befreiung. Berlin
ein Trümmerhaufen. Das Gros der Menschen denkt nur ans Überleben,
bekommt bei seinen "Hamsterfahrten" auf den Trittbrettern der Eisenbahnen
nichts von der vorbeisausenden Natur mit. Unter ihnen aber schöpfen
ehemals verfolgte Minderheiten frische Morgenluft. Ob nun politisch agitierend
oder dem Schönen, Guten verpflichtet oder auch nur der Lust an der
Lust. ZWISCHEN BETT UND SOFA tauschen sich u.a. ehemalige "Blitzmädels"
und Lesbierinnen, Vorläuferinnen des Feminismus und nach der Vernunftheirat
schielende Frauen ihre Philosophien aus. Existentialismus pur auf Alltagssatire
zurückgeschraubt, wenn eine Lebensmittelkarte nicht für ein Brot
sondern für ein seidenes Unterhöschen ausgegeben werden soll.
Harald Budde, der Ende dieses Jahres 60 wird, hält mit diesem Buch
ein Stück Zeitgeschichte fest. Mit der Ausgestaltung seines Protagonisten
konnte er sich auf einen moralinfreien Beobachterstatus zurückziehen
und zugleich mittendrin im Geschehen sein. Sein Figurenkaleidoskop gibt
in funkensprühenden Dialogen eine Fülle komischer, grotesker
..und erschütternder Begebenheiten preis, aus denen dann wieder ganz
andere Schlußfolgerungen als erwartet gezogen werden. Dazwischen
noch 5, 6 Zitate aus Druckerzeugnissen, die den Rückfall in die Wirtschaftswunderjahre
kommentieren, zeigen einmal mehr, wie das Leben eben so spielt..., wie
es jetzt, 5 Jahre nach der "Wende", schon wieder spielt. Ein Kleinod der
Satire, das auf keinem Nachttisch fehlen sollte.
Weitere Besprechungen zu Werken von Harald Budde siehe:
Büchernachlese-Extra: Harald Budde