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Diesmal heißt das Alter-Ego Cercön und hält sich mit Wachträumen auf seinem Zauberschiff "Himmelsüße Sehnsucht" in der Luft. Start und Landung erfolgt bequemerweise stets in seinem Bett, und so kann Cercön nach Belieben vom Hundertsten ins Tausendste reisen. Spiralförmig. Zu den Frauen, die er liebte, zu sich, in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Deutschlands und der ganzen Welt. Die Sehnsucht nach der verschollenen, nichtsdestotrotz immer wieder auftauchenden und ihn kommentierenden Swenty, ist die Sehnsucht nach der blauen Blume unverbesserlicher Romantiker, die noch an die Traumfrau glauben. Nur dass Cercön sich anhört, als wäre er Humphrey Bogart, der Phil Marlowe in Straps und Tüll zu spielen hätte und bei allem Schwadronieren genau weiß, oder doch zumindest ahnt, dass er selbst alles andere als ein Traummann ist …
Noch einmal zieht Harald Budde vom Leder, alle seine Helden, die vorrangig Heldinnen sind, kommen wieder zu Wort, setzen ihm zu, legen sich zu ihm, halten ihm den Spiegel vor, den er in brillantem Vexierspiel ins Unendliche und Absurde zersplittern lässt.
Noch einmal und dann nimmermehr - denn mit "Swenty" hat Harald Budde nach eigenem Bekunden seinen letzten Roman vorgelegt.
Die avantgardistische Filmemacherei beschert dem nunmehr 68-jährigen Autor offenkundig mehr Anerkennung als die Schreiberei. So interessant seine Filmprojekte auch sein mögen, die geringe Resonanz auf Buddes Buchveröffentlichungen ist nicht wirklich zu verstehen, höchstens damit zu erklären, dass der Zeitgeist der letzten Dekaden offenbar kein Interesse an Leseabenteuern hatte, die nicht wenigstens einmal bereits durchs Fernsehen vorgekaut worden sind. Eine gewisse Mitschuld an seiner Unbekanntheit ist dem Autor nicht abzusprechen. Hartnäckig klebte er an einem Berliner Kleinstverlag, obwohl er mit derselben Hartnäckigkeit sicher auch einen professionelleren Verlag samt entsprechendem Vertrieb hätte finden können. Aber sich gut zu verkaufen, ist halt seine Sache nicht - und nur gut zu schreiben, reicht heutzutage nicht …
Immerhin, diesmal zeichnet sich sein Opus Finitum durch weitaus lesefreundlichen Druck als sonst aus. Über den orangefarbenen Umschlag und die sonstige Ausstattung dieses Paperback sei jedoch wieder der Mantel barmherzigen Schweigens gelegt. Es kommt ja auf den Inhalt an und der lässt sich allemal sehen und vor allem … lesen!
Weitere Besprechungen zu Werken von Harald Budde siehe:
Büchernachlese-Extra: Harald Budde