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Weil ihre Augen schräger sind, sieht es stets ein bisschen so aus, als ob sie lächle. Manche Leute drehen sich nach ihr um. Ihr großer Bruder ist zu Hause lieb zu ihr und lässt sie an seinem Computer spielen, aber bei seinen Freunden auf der Straße tut er so, als ob er sie nicht sieht. Ihre kleine Schwester hingegen spielt immer mit Laura und erklärt ihr alles.
Wenn auch bereits in europäischen Bilderbüchern zuweilen die Realität von Kindern mit verschiedenen Herkünften und Hautfarben abgebildet wird, so scheinen behinderte Menschen in der Bilderbuchwelt nach wie vor überhaupt nicht existent zu sein - insbesondere lern- und geistigbehinderte. Florence Cadier macht nun jedoch in 'Ich bin Laura' ein Mädchen mit Down-Syndrom zur Hauptperson und lässt es von seinen Erlebnissen zu Hause und im Förderzentrum erzählen, und wie es schließlich für jeweils einen Tag in der Woche in eine Regelgrundschule integriert wird. Die nach außen getragene Innensicht Lauras formuliert sehr selbstbewußt die Möglichkeiten und Grenzen dieses Mädchens. 'Ich bin ein Kind wie du - trotzdem bin ich anders.'
In der Schule trifft Laura erst auf Unverständnis und Spott, aber auch auf (noch) offene Kinder, die sich ihrer unverkrampft annehmen. Und als sich bei einem gemeinsamen Ausflug herausstellt, dass Laura wegen ihrer Therapiestunden besser reiten kann als alle anderen, streiten sie sich sogar darum, wer bei der Rückfahrt neben ihr sitzen darf. Wer mit Kindern wie Laura zu tun hat, erkennt schnell, wie treffend und klar ihre Sicht der Dinge in einfühlsame Worte umgesetzt worden ist. Der Übersetzer Wilhelm Topsch hat den Text zudem um ein auch für Eltern instruktives Nachwort ergänzt. Von köstlichem Charme sind aber nicht zuletzt auch die wunderbaren Illustrationen von Stéphane Girel, die Lauras Erzählung kongenial bekräftigen. Hoffentlich ein Dammbruch, der noch mehr Autoren und Verlage ermutigt, sich dieser Thematik anzunehmen und Menschen wie Laura schließlich selbstverständlich in den ganz gewöhnlichen Alltag einzubinden.