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Lynne Cherry

Der große Kapokbaum

Bilderbuch. ars edition, München 1991. 32 Seiten. ISBN: 3-7607-7684-1, >>> Amazon
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"Zwei Männer kamen in den Regenwald. Eben noch hatten die schreienden Vögel den Wald mit Leben erfüllt. Jetzt war es still. Die Tiere ließen die Männer nicht aus den Augen. Warum waren sie gekommen? Der ältere Mann zeigte auf einen großen Kapokbaum. Dann ging er."
Der Text zu dem ersten Blatt dieses Bilderbuches, wird wie die anderen in den schwelgerischen Farben der üppigen Fauna und Flora des Regenwaldes illustriert. Natur im Überfluß könnte man meinen. Jedoch die stumme Anweisung des älteren Mannes stellt für die Tiere, und nicht nur für die Tiere, eine Bedrohung dar. In das harte Holz des Kapokbaumes schlägt der jüngere mit der Axt hinein, solange bis "ihn in der Hitze und dem beständigen Summen des großen Waldes ein tiefer Schlaf" überkam. Zu dem Schlafenden schlängelt sich eine Boa Constrictor, aber nicht etwa, um ihn zu erwürgen, sondern um als erste in das Ohr des Mannes zu zischen: "Senhor, dieser Baum ist ein Baum voller Wunder. Er ist mein Zuhause und alle meine Vorfahren haben hier gelebt. Fälle ihn nicht."
Eine Biene, eine Affenhorde, ein Tukan, ein kleiner Baumfrosch, ein Jaguar, ein Baumstachler, ein Ameisenbär, ein Faultier und zuletzt ein Kind aus dem Stamm der Yanomami-Indianer nennen ihm der Reihe nach auch für Kinder nachvollziehbare Gründe, diesen Baum nicht zu fällen.
Ein derartiges Thema ohne moralinsaures Drumherumgerede durchzuhalten, ist nicht einfach, aber möglich, wie die Autorin und Malerin Lynne Cherry, nicht zuletzt auch dank der schnörkellosen Übersetzung von Jutta Langreuter, bewiesen hat.
Zugleich entwickelt sich in dem Dreieck der sichtbar überwältigend farbenprächtigen Natur, dem Auftrag des Holzfällers und der knappen auf die schlichte Realität bezogene Wenn-dann-Poesie der Tiere eine sich steigernde Spannung. Was wird der junge Mann am Ende tun? Das ist völlig klar! Wer in die Lage gerät, die sachlichen Argumente wirklich zu hören und dann die vielfältige Schönheit dieses Regenwaldes sieht und kennenlernt, kann davon nicht unberührt bleiben - das ist doch kinderleicht!
Managern und Politikern mit Kindern oder Enkelkindern sei dieses Buch genauso heftig empfohlen, wie allen anderen auch, damit sie nicht nachlassen, die erstgenannten auf kinderleichte Logik aufmerksam zu machen.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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