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Die Erzählkraft des Niederländers Hugo Claus hat der Klett-Cotta
Verlag nicht erst zur diesjährigen Buchmesse schätzen gelernt.
Erinnert sei an DER KUMMER VON FLANDERN und DAS SAKRAMENT. Nun also wieder
ein unverwechselbarer Roman von Hugo Claus mit dem Titel JAKOBS VERLANGEN.
Das Hugo-Claus-Land umschließt Flandern, aus seiner Sicht: tiefste
Provinz. Der Stammtisch im "Einhorn" ist für die kartenspielenden
Männer so ziemlich die Mitte der Welt. Jeder kennt jeden gerade soviel,
daß es nicht anstrengend, ermüdend oder gar tiefschürfend
wird. Einer Schnapslaune folgend lädt Michel den fetten Jakob zu einer
Reise nach Las Vegas ein. Über London und Los Angeles erreichen sie
ihr Ziel, das längst nicht so viel hält, wie all der Glitter
verspricht. Selbst die dort gezeigten Pornos reißen die beiden nicht
vom Hocker. Dafür holen sie die Probleme von zu Hause ein. Zum Beispiel
die Frage: Wer hat sich damals an der 17-jährigen Tochter Jaaks vergriffen,
so daß sie nun auf den geistigen Stand eines Kleinkindes zurückgefallen
ist?
Es scheint bei Klett-Cotta System dahinter zu stecken, alte Bücher
neu zu entdecken. Dieser Roman ist bereits 1978 verfaßt, aber noch
keineswegs angestaubt. Abgesehen davon, daß die "Freunde"
von Jakob irgendwie alle einer Arbeit nachgehen und Geld verdienen können,
dürfte das beschriebene Ambiente dieser "Weltmitten" noch heute
gültig sein. Da wird eher die Ehefrau als der Stammtisch verlassen,
und der Alkohol läßt scheinbar die kürzesten Wege für
komplexe Probleme finden. Und eigentlich: Keiner kennt keinen!
Aber auch wenn Hugo Claus dieses Milieu in all seiner Tragikomik vorführt,
ihre unschuldige, nervtötende Spontanietät macht seine Protagonisten
fast schon wieder liebenswert. Wer Sinn für Sarkasmus und schwarzen
Humor hat, kommt auch mit diesem "Frühwerk" voll auf seine Kosten.
Weitere Besprechungen zu Werken von Hugo Claus siehe:
Büchernachlese-Extra: Hugo Claus (1929 - 2008)