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Kinder müssen viel lernen, um erwachsen zu werden? Erwachsene müssen
viel lernen, um wieder Kind zu sein!
Dieses Motto könnte auf dem Schlußstein von Robert Coles
30-jähriger Forschungsarbeit mit Kindern graviert sein. In "Wird Gott
naß, wenn es regnet?" dokumentierte der amerikanische Kinderpsychoanalytiker
und Harvard-Professor in Wort und Bild festgehaltene Aussagen über
die Gottesvorstellungen von Kindern. Dabei kam es Coles weniger darauf
an, die dabei zutage tretenden Denkstrukturen zu analysieren, als vielmehr
behutsam gegliedert die markantesten Äußerungen von dem wiederzugeben,
was ihm "zu hören vergönnt war." Im Laufe der Jahre hatten
er und seine Mitarbeiter 500 Kinder befragt. Manche nur ein-, zweimal,
andere wöchentlich über ein-, zwei Jahre hinweg. Kinder aus Amerika,
Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Kinder, deren Elternhaus von einer
der drei Schriftreligionen, dem Glauben der Hopi-Indianer oder keiner institutionaliserten
Religionsgemeinschaft geprägt worden war. Kinder, die den armen brasilianischen
Favelas oder den reichen Bostoner Vororten entstammten, die keine oder
bestens eingerichtete Schulen besuchten. Alle diese unterschiedlich vorgebildeten
Kinder, im Alter zwischen 6 und 13 Jahren hatten eines gemeinsam: Sie waren
in der Lage, bedenkenswerte, ja, würdevolle Aussagen "über
Gott und die Welt" zu machen, sofern der Autor, wie er selbstkritisch
einräumt, dem Kontext der Kinder Rechnung zu tragen vermochte. Coles
selber läßt also nicht von ungefähr den Metaphernreichtum
der Kinder oft genug für sich selbst sprechen. Lediglich in den letzten
beiden von 13 Kapiteln legt er seine eigenen Grundpositionen offen, d.h.
er belegt darin die Hintergründe für seine Anfragen bzw. auch
seine nunmehr revidierten Ansichten aus früheren Jahren.
Dieses Buch leistet vieles. U.a. uns Erwachsenen den Respekt vor Kindern
als potentielle Lehrmeister des Lebens nahezubringen, ebenso die Vielfalt
religiöser Wahrnehmung und nicht zuletzt Religion überhaupt als
ein essentielles "Lebensmittel", das "eine Orientierung in Raum
und Zeit ermöglicht".