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"Macno schreitet auf der Bühne auf und ab, und der Sinn seiner
Rede liegt nicht in dem, was er sagt, sondern in dem, was er auslöst..."
An sich eine aufreizende Idee: Ein Rockstar bekommt die Gelegenheit,
als Moderator des TV die Politiker seines Landes zu entlarven. Schließlich
wird er sogar dessen Diktator, hätte nun also die Möglichkeit
gegen die von ihm angeprangerten Mißstände anzugehen. "Alles,
was (hier) gesagt oder gedacht oder getan wird, bezieht sich auf
Macno, auf das was er sagt oder denkt oder tut. Den Unterschied
bemerkst du erst, wenn du wieder draußen bist." Das mag mysteriös
klingen, ist aber ganz platt zu verstehen. Macno ist weniger ein konstruktiver
Macher als ein neurotischer Macker, der an den Blüten von Kultur und
Weiblichkeit kurz und intensiv und nur einmal wie ein Schmetterling zu
saugen pflegt.
Sicher, Andrea de Carlo gelingt es ganz anschaulich, die Dynamik einer
Großgruppe schmeichelnder Hofschranzen vorzustellen, aber das rechtfertigt
schon lange keine 280 Seiten bedrucktes Papier mehr. Die Rahmenhandlung
- die unerwartete Schwierigkeit Macno's eine wie früher massenwirksame
Rede zum 3. Jahrestag seiner Herrschaft auf Video zu schneiden - läßt
sich erst spannend an, liest sich aber in der zweiten Hälfte banal
und enttäuschend zu Ende. Weder Fisch noch Fleisch 'lebt' dieser Roman
von flachen Charakteren, d.h. von abgedroschenen Klischees und Vorurteilen
- z.B.: Die selbstbewußte, aber blonde deutsche Journalistin kann
sich dieser männlichen Sphynx des Kommunikationswesens auch nicht
entziehen, und 'verharrt' bei ihm, als dieser zum Schluß nach einem
selbstinszenierten Attentat seine Machtstellung aufgibt...
Utopisten sind halt alle kurzatmig und verantwortungslos, da ist es
schon besser, einer mit Sachzwangerfahrung übernimmt nun wieder das
Ruder.
Offenbar hat der zum 'jungen Erfolgsautoren' stilisierte de Carlo versucht,
allein von dem Schatzkästlein seiner Sprachfertigkeit zu zehren und
dann auch noch daneben, nämlich in die Mottenkiste gegriffen.