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K. H. Deschner

Kriminalgeschichte des Christentums

Bd. 1: Die Frühzeit. Rowohlt Verlag, Hamburg 1986. 536 Seiten. ISBN: 3-498-01263-0, >>> Amazon
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Die christlichen Kirchen sind im Umbruch. Viele treten aus, wollen Steuern sparen, andere sehen in ihnen eine Plattform für den Frieden zu streiten, endlich die Essenz des Cristentums zu verwirklichen. Da setzt K.H. Deschner seinen langehegten Plan um, die KRIMINALGESCHICHTE DES CHRISTENTUMS aufzuschreiben, 'in der begründeten Hoffnung (..), zahlreichen Menschen nützlich zu sein, die wenig oder keine Zeit haben, sich mit der Erforschung des Christentums zu befassen ...'
Aber die jedermensch nachvollziehbaren Wut- und Ohnmachtsgefühle gegenüber den geschehenen Verbrechen im Namen des Machtapparates Kirche nutzte Deschner lediglich zur Aneinanderreihung von Sensationen, deren 'Beweiskraft' in ihrer Undifferenziertheit gerade für 'eilige' Leser keinen wirklichen Informationsgehalt haben. Halbgar, und damit halbwahr, versucht Deschner durch Menge statt durch Güte die Leser zu überzeugen, daß das Christentum der Verursacher allen Übels ist. Dabei müßte er nur eine seiner zitierten Quellen ernstnehmen, um zu erkennen '.., daß die einzige Kunst, der bis heute nichts Neues einzufallen braucht, die Staatskunst ist', und diese hat hat das Christentum bzw. vielmehr die Institution Kirche zum Mittel ihrer Ziele mißbraucht, weil, wie allgemein bekannt, deren Würdenträger unter Konstantin eben genauso machthungrig und von daher korrumpierbar waren, wie viele andere Menschen anderer Religionen und Ideologien zuvor und danach auch. Die Eindimensionalität seiner Ausgangsthese verführte Deschner dann auch prompt zur unsauberen Analyse und Sprachregelung. So 'beweist' er die Schandtaten Israels anhand des Alten Testaments und vergewaltigt damit dieses theologische Zeugnis zur Geschichtschronik, was es nicht ist und nicht sein will. Geradezu lächerlich ist schließlich die Beweisführung, daß die Luther-Bibel von heute nicht mehr mit seinem Original übereinstimmt und stark abgemildert worden sei. Angenommen, die Kirche habe immer schon nach ihren Machtinteressen die Bibel übersetzt, warum soll dann gerade Luther, der Ordnung und Obrigkeit gleich unter Gott stellte, dem nicht auch in seiner Übersetzung nachgegeben haben? Nicht mehr lächerlich dagegen ist das vorgestellte Bild des alten Israels, vor dem sich Alt- und Neonazis vergnügt die Hände reiben werden. Pauschal wird das ganze Volk bzw. das Judentum als grausam und intolerant, dagegen Alexander der Große nur als Datum vorgeführt. Ohne den wirklich gemeinsamen Nenner - das Spiel Einzelner mit der Macht über Millionen Einzelschicksale - in Beziehung zu setzen, ist dann das Christentum eben noch grausamer als das Judentum und setzt zu dessen Verfolgung ein.
Da nimmt es auch nicht weiter wunder, wenn einer nach dem Studium u.a. auch der Theologie (wie viele Semester?) die Bezeichnung 'pharisäisch' im anti-judaistischen Sinne von 'scheinheilig, verlogen' gebraucht.
Diese Ungereimtheiten werden nach der von Deschner ausdrücklich gelobten Bellmann-Regel:
'Sag's dreimal - und dir wird geglaubt' mit 1000 multipliziert und damit der Zweck mit den Mitteln der zurecht gebrandmarkten Personenbeispiele geheiligt und zugleich denunziert. Das Volk ist bei Deschner, wie bei anderen Geschichtsschreibern nur als -zigtausend Opfer von Interesse, und so setzt er sich auch mit seinen nicht-übersetzten Spruchwendungen aus dem Lateinischen, Italienischen und Französischen über den 'normalen' Leser hinweg. Nur mit dem Kalkül des Verlegers oder der Selbstgefälligkeit des Autoren ist ferner die Unverschämtheit zu erklären, daß die insgesamt 985 (i.W. neunhundertfünfundachtzig) Quellenzitate der 10 Kapitel inkl. Einleitung plus Nachbemerkung erst im Anschlußband belegt werden sollen - bei einem Buchpreis von 48.- DM ...
Zu schlechter Letzt noch den zur Stilblüte geronnenen Offenbarungseid Deschners, den er fairerweise gleich auf den ersten Seiten von sich gibt: "Und die guten Christen sind am gefährlichsten - man verwechselt sie mit dem Christentum."
Deshalb wird wohl auch so ein Buch verlegt, denn: Die guten Schriftsteller sind am gefährlichsten - man verwechselt sie mit Literatur.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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