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"Die Erde bebte, wie sie es nie zuvor getan hatte. Es war Ozurumbas
unglückliche Frau, Akpa-Ego, die neben ihrem Kessel voll Palmwein
kauerte, als der Zähler mit seinem Notizbuch erschien und sie mit
Fragen bombardierte. Und so begann der Krieg."
Ajuziogu, der letzte Mann in seiner familiären Einfriedung, wird
sein Dorf, den Kontinent Afrika verlassen, um in den USA ein stipendiertes
Studium aufzunehmen. In der Nacht bevor er abreist, erzählt ihm Nne-Nne,
seine Großmutter, von ihrer Vergangenheit, die mit der Vergangenheit
und der Gegenwart aller Frauen Nigerias korrespondiert. Neben der Klage
über die unbekümmerte Ignoranz der Männer feiert Nne-Nne
in ihrer Erzählung jedoch vor allem die Zeugnisse weiblichen Selbstbewußtseins
und "Ndom", die Solidarität der Frauen. So löst "Ndom"
1929 einen bürgerkriegsähnlichen Aufstand aus, nachdem ihre Männer
den traditionsfeindlichen Bestimmungen der englischen Kolonialherren nichts
entgegenzusetzen hatten, außer ihren Frust nun verstärkt in
Form von Mißhandlungen bei den Frauen abzuladen. Letztlich müssen
dann doch die Gesetze, die Verwaltung und auch die ehrverletzende Volkszählung
durch die Weißen hingenommen werden, aber die Männer, die eigenen
wie die weißen, müssen nachwievor mit "Ndom" rechnen.
Der Autor dieser modernen Variante von Lysistrata, T. Obinkaram Echewa,
ist ein gebürtiger Nigerianer, der seit langem in den USA lebt. Er
hat mit ICH SAH DEN HIMMEL FEUER FANGEN ein erzählerisches Meisterwerk
geschaffen, das die Reibung zwischen den Geschlechtern, dem Aufrechterhalten
und dem Verlust von Traditionen und auch die Reibung zwischen den Kontinenten
plastisch vor Augen führt. Weder beschönigt noch denunziert er.
Das uns unbekannte "Andere" wird nicht einfach übersetzt, sondern
bleibt in seiner eigentümlichen Lautmalerei bestehen, hebt sich ab
und weist gerade dadurch auf die gemeinsamen Nenner hin. Herausragend insbesondere
die Figur der Nne-Nne, der er ohne "Softi-Attitüde" eine leidenschaftliche
Stimme zu geben vermochte. Sie bringt nicht nur Ajuziogu zum Schweigen
... und zur Einsicht.