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Was sich schon im Buch DER NAME DER ROSE andeutete wird in DAS FOUCAULTSCHE
PENDEL nun vollends ausgelebt: Die Suche nach Erkenntnis erweitert sich
zur Suche nach dem großen Plan, der das Sein bestimmt ... und wird
von ihm als esoterischer Tanz um ein weltumfassendes schwarzes Loch desavouiert.
Pim Casaubon, der Anfang der siebziger eine Doktorarbeit über
den Templerorden beendet, lernt in der Kneipe den Verlagslektoren Jacopo
Belbo kennen und wird Jahre später dessen Kollege. Beide sind sich
über die Grundtypen literarischen Schaffens einig - Idioten, Dämliche,
Dumme und Irre - und entwickeln schließlich zu Gunsten ihres zweischneidigen
Verlagsherren einen Plan: All die geheimbündlerischen Orden, angefangen
von den Rosenkreuzern bishin zu den Freimaurern stützen ihre "Einsichten"
offenbar auf waghalsige Spekulationen, die wiederum von irrwitzigen Konstellationen
ausgehen. Da die Zahlenkabbala dabei eine große Rolle spielt, soll
nun der Computer eine Zufallsreihe auspucken, die von den beiden, zu einer
großen Mischpoke verrührt, als der große Plan zur Lösung
des alles verbindenden Geheimnisses werden soll. Der Verleger, dem es bisher
nicht auf Leser, sondern nur auf die bereitwillig geleisteten Unkostenbeiträge
ruhmsüchtiger AutorInnen ankam, findet die Idee großartig. Dieses
Projekt im seriösen Verlagteil sollte die Veröffentlichungen
der "Diaboliker" des anderen "unterstützen", der geistige
Ramsch der "Diaboliker" sollte wiederum Grundlage für das Projekt
sein. Aber noch bevor sie den Triumph über die Dummheit ausgekosten
können, müssen zwei Lektoren sterben, die ihren ihren Spott auf
einmal genauso für bare Münze genommen hatten wie ihre heimlichen
Verfolger. Nur die schwangere Lia fiel keine Sekunde auf die selbstgestellten
Fallen herein ...
Zweifelsohne ist dieses Glasperlenspiel der (Selbst-)Ironie ein Stück
Weltliteratur. Wer im Gegensatz zu Lia bis zuletzt auf ein geheimnisvolles
Zauberwort gewartet hat, wird auch die 200 Seiten Längen als gerechte
Strafe auf sich genommen haben, in denen Eco haarklein die kruden Verflechtungen
seiner Protagonisten schildert. Die restlichen 500 Seiten, die einen Erzählkern
von weniger als 50 Seiten in handwerklich vollkommener Weise (und der offenbar
kongenialen Übersetzung von Burkhart Kroeber) auf das Zehnfache aufblähten,
sind unbestritten der bewunderungswürdige i-Punkt eines intellektuellen
Lesevergnügens, für dessen filmische Übersetzung Aichinger
allerdings auf die Wiedergeburt der Marx Brothers warten müßte.