Tim Flannery

Wir Klimakiller

Im Original heißt der Titel "We are the Weather Makers: The Story of Global Warning" und verweist damit direkt auf seinen vor zwei Jahren erschienenen Vorgänger "Wir Wettermacher". Um sich davon abzugrenzen und gleichzeitig eins draufzusetzen, lautet der dem Volumen nach etwas abgespeckte und sich nun an Jugendliche wendende deutsche Titel "Wir Klimakiller".
Ziemlich reißerisch? Leider nicht!
Der australische Autor, Wissenschaftler, Forscher und Umweltschützer Tim Flannery weiß wovon er spricht, und er gibt mit seinen Antworten und vor allem mit seinen bohrenden Fragen jenem nagenden Längst-Wissen derart viel Treibstoff, dass es nicht mehr verdrängt werden kann.
Wer wüsste noch nichts von Biotopen und ihren aufeinander abgestimmten Beziehungen von Flora und Fauna - wie sehr aber jeder noch so kleine, scheinbar in sich geschlossene Lebensraum mit dem Leben und den Lebensmöglichkeiten weltweit zusammenhängen, wird von Tim Flannery in fünf Kapiteln plastisch vor Augen geführt. Stichworte hierfür geben die sich verändernde Atmosphäre, "Magische Tore" wie El Niño und La Niña, drei "Umkipppunkte", das bislang vorherrschende Zaudern seitens der Politik und am Ende Lösungen, die gar nicht so schwer umzusetzen sind. Diese Lösungen leuchten Kindern gewiss sofort ein, und der Autor setzt darauf, dass die Kinder damit bei den Erwachsenen in ihrer Reichweite argumentieren. Der kürzlich aus Australien bekannt gewordene Vorstoß, demnächst alle Glühbirnen durch Energiesparlampen zu ersetzen, könnte genau aus dieser Quelle gespeist worden sein ...
Das Buch ist selbstredend "klimaneutral" produziert worden, wofür die an die 70er-Jahre-Paperback-Zeiten gemahnende Druckqualität der wenigen schwarz-weißen Photos gern hingenommen wird. Die Sprachregelung Flannerys bzw. der Übersetzerin Birgit Brandau unterfordert Erwachsene keineswegs, ist aber in seiner Schachtelsätze vermeidenden und die relevanten Bezugspunkte immer wieder aufnehmenden Sachlichkeit für interessierte Kinder und Jugendliche durchaus noch angemessen. Sie setzt nicht auf "kindgemäße" Umschreibungen, sondern nutzt die in den Medien von Wissenschaft und Politik gebräuchlichen Begriffe. Was "Absorbieren, Absorption", "Biodiversität" oder "Wirkungsgrad" meint, wird aber im Anhang ausreichend erläutert - hier wäre es allerdings für weitere Auflagen wünschenswert, gleich zu Anfang auf den Glossar hinzuweisen und die darin aufgeführten Begriffe auch im Text mit kursiver Typographie kenntlich zu machen.
Der Anhang bietet neben Glossar und Register zudem elf Seiten mit deutschsprachigen Internet-Links, die über Klimaforschung, Klimamodelle, klimarelevante Emissionen, Folgen der Erderwärmung, lokale bis internationale Klimaschutzpolitik, erneuerbare Energien und Klimaschutz im Alltag informieren.
All diese Quellen belegen, dass es hier nicht um hysterische Schwarzseherei geht. Und das Buch benennt wie auch die jüngsten Pressemeldungen der UNO einen beängstigend nahen Zeitraum für die "Deadline", die nicht überschritten werden darf, damit wir Menschen überhaupt noch eine Chance haben, danach nicht mehr rückgängig zu machende Katastrophen aufzuhalten.
Ob man so etwas Kindern und Jugendlichen zumuten kann? Dieses Buch in jedem Fall - und nicht nur den Kindern!