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Caritas Führer

Die Montagsangst

Erzählung. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 1998, 90 S., ISBN: 3-462-02698-4, >>> Amazon
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Natalie erzählt von ihrer Angst. Die Angst hat viele Namen. Natalies Angst heißt Montag. Montags zu spät zum Fahnenappell erscheinen, bedeutet Strafe und nicht zuletzt unangenehm aufzufallen. Natalies Eltern sind Christen, der Vater Pfarrer. Trotz hervorragender schulischer Leistungen werden am Ende weder Natalie noch eines ihrer vier Geschwister zum Abitur gelassen. Ihr "gesellschaftliches Engagement" ist nicht ausreichend, bei den diversen Gelegenheiten mitmusiziert und sogar Preise gewonnen zu haben, gleicht die Nicht-Mitgliedschaft bei den Pionieren nicht aus.
Diese sehr dichte Erzählung von Caritas Führer ist in verschiedener Hinsicht verstörend. Am stärksten ist ihr der Anfang gelungen, worin sie die brutale Abweisung der siebenjährigen Ich-Erzählerin schildert, die in kindlicher Unschuld die Liebe ihrer Lehrerin gewinnen will. Nicht nur die überzeugten Ausgrenzer anderer Lebensauffassungen in der DDR, sondern auch die erdrückende Mehrheit der Mitläufer machen das Leben Natalies zur Hölle. Demgegenüber steht das Beharren des Vaters, der keines seiner Prinzipien aufgeben, in seiner eigenen Angst der Tochter aber nur ein mangelhafter Schutzschild sein kann. Das Kind kann sich letztlich nur auf sich selbst verlassen, und die Autorin gewährt ihr denn auch neben den DDR-Tugenden Fleiß und Strebsamkeit ein preisträchtiges Maltalent, das wiederum ein märchenhaftes Finale dieser Erzählung erlaubt.
Der im "Westen" sozialisierte Leser fragt sich nun jedoch, warum im Vorsatzblatt betont wird, daß das Werk reine Fiktion, die Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt seien. Immer noch Angst, vor denen, die in ihrer "Ostalgie" eventuell von Nestbeschmutzung reden wollten? Oder die Angst vor vorlauten Germanisten, die das Autobiographische als "unkünstlerisch" diffammieren? Das selbstbewußte Finale, das zwar das Ziel beschreibt, aber ganz bestimmt keine Hilfestellung für Kinder in ähnlicher Situation sein kann, verkümmert so zum Pfeifen in dunkler Nacht.
Dennoch: Einzelne Passagen sind sprachlich sehr gelungen, und "DIE MONTAGSANGST" stößt womöglich eine fruchtbare Auseinandersetzung über die kleinen und kleinsten Dissidenten einer Diktatur an.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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