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Neun Jahre nach seinem Welterfolg "Die Blechtrommel" ließ Günter Grass unter dem Pseudonym Artur Knoff in der Schriftenreihe des Literarischen Colloquiums Berlin, LCB-Editionen einen schmalen Band mit Kurzprosastücken erscheinen. Die Legende des Pseudonyms wurde unterfüttert mit den Angaben "Die Geschichten von Artur Knoff, 1937 in Hirschberg, Schlesien geboren, sind seine ersten Veröffentlichungen". Und als Coverbild der Titelseite diente wie der Neuausgabe eine Fotografie seiner als Mann mit angeklebtem Schnurrbart, Brille, Schiebermütze und Pfeife verkleideten ersten Ehefrau Anna.
Doch die wenigen Leser und noch weniger die wenigen an einer solchen "Erstveröffentlichung" interessierten Literaturkritiker merkten etwas, und so lüftete Günter Grass 1980 sein Pseudonym selber. Nicht überliefert wird hingegen, wie Grass diese Nicht(an)erkennung aufnahm und für sich gedeutet hat.
Wie "Die Artur-Knoff-Geschichten" bereits 2018 angekündigt und im Impressum auch so vermerkt, aber erst im April 2019 nun unter seinem Namen veröffentlicht zeigen, sind sie jedenfalls auch heute noch allemal lesenswert.
Die kürzeren ein bis vier, die längste zehn Seiten umfassend, bieten nicht nur für das Ersterscheinungsjahr 1968 pointiert treffende Satiren mit typisch Grass'scher surrealer Note, die z.B. das zuweilen riskante Nachleben von Kriegsveteranen beschreiben, ohne dass es sich auf ihre Taten als Nazis im Krieg bezieht. Alles sehr dichte Miniaturen, die, wie wir wissen, nicht nur episch grundiert wirken, sondern es auch sind, lösen sie am Ende meist auch großes Kopfkino aus. Das war und ist noch immer sehr gekonnt, und das kann längst nicht jeder.
Dazu passt die schöne Steidl-Hardcover-Ausstattung, die das Büchlein für Bibliophile und für Grass-Liebhaber sowieso auch seinen Preis wert sein lässt.
Insgesamt also eine erfreuliche postume Neuerscheinung des 2015 verstorbenen Nobelpreisträgers Günter Grass.
Weitere Besprechungen zu Werken von Günter Grass und Sekundärliteratur dazu siehe:
Büchernachlese-Extra: Günter Grass