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Clay Carter muss als Pflichtverteidiger einmal mehr einen Mordfall übernehmen, der sich vor allem durch seine Sinnlosigkeit auszeichnet: Scheinbar völlig grundlos hat Tequila Watson einen Mann niedergeschossen. Aber dann wird Carter bei seinen routinemäßigen Hintergrundrecherchen von dem ihm bis dahin unbekannten Max Pace unterstützt, der ihn auf einen höchst brisanten Zusammenhang zwischen der Einnahme eines therapeutischen Medikaments und der Tat Tequilas hinweist – und das auch noch belegen kann. Dies geht jedoch weit über diesen Einzelfall hinaus, und Pace erläutert Clay Carter sein Interesse an einer Sammelklage …
John Grisham hat sich mit "Die Schuld" auf seine alten Talente besonnen und den Plot wieder in der US-Gerichtswelt ansiedelt. Die Eröffnung nimmt einen sofort ein: Ambitionierter Jung-Anwalt kämpft gegen einen Pharmagiganten – allerdings weniger aus moralischen, denn aus Karrieregründen. Doch so sehr einem Clay Carter auf den ersten 150 Seiten auch ans Herz wächst, geht sein Charakter über die Klippe und verschwindet unvermittelt hinter dem Abziehbild eines immer gieriger werdenden Staranwalts. Anstelle einer sich psycho-logisch fortentwickelnden Geschichte wird man nun fast populärwissenschaftlich mit den Abgründen des Procederes von Sammelklagen konfrontiert – warum heutzutage die wenigen noch überlebenden Zwangsarbeiter lediglich mit einigen tausend Euro abgespeist werden, hat vermutlich nicht zuletzt mit der Gier solcher Sammelklagen-Spezialisten zu tun, die ihre Honorare prozentual von den gerichtlich anerkannten Schadenssummen ableiten können. Das ist durchaus spannend wie haarsträubend. Und am Ende fällt Clay Carter unvermittelt wieder auf die Erde und wird zu dem, der er auf den ersten Seiten war.
Ob dieses nicht aus einem Gusssein Grishams Vorlage oder den insgesamt vier ÜbersetzerInnen geschuldet ist? Wer weiß - echte Grisham-Fans würden jedenfalls gewiss gern auch ein Jahr länger auf eine Neuerscheinung warten, wenn sich dann solche Brüche vermeiden ließen und man wieder ein ungeteiltes Lesevergnügen an einem "Grisham" hätte.
Weitere Besprechungen zu Werken von John Grisham siehe:
Büchernachlese-Extra: John Grisham