buechernachlese.de
|
Einen Meter vor dem Abgrund bewegen sich diese Geschichten, rufen ein Anspannen der Nackenhaut hervor, wie einst die Thriller von
Hitchcock. Anstelle von aufatemlassenden happyends muß mensch sich
allerdings, je nach Stärke seiner/ihrer Verdrängunsmechanismen,
mit dieser Gänsehaut noch eine Weile umgehen. Derart von der Dramaturgie
gefesselt geraten die den Geschichten zu Grunde liegenden Geschenisse,
wie sozial-emotionale Aushöhlung oder ökologischer Selbstmord
auf Raten, in den Hintergrund. Banale Weisheitslehre wird damit vermieden,
überläßt es dem/der Leser/in seine/ihre (womöglich
letzten Schlüsse) zu ziehen. Es braucht schon Lebenserfahrung und
wache Sinne, solche Geschichten aufzubauen, und sprachliche Kunstfertigkeit
diese Inspirationen dann so gekonnt umzusetzen. Z.B. einer Ewiggestrigen
im Aldi zuzuhören, oder mit einem alten Friedhofsgärtner einem
Telefonkabel bis ins Grab folgen, dem Liebesspiel zweier Kräne zusehen
oder bei einem 92-jährigen eine mumifizierte Frau aufstöbern
und zuletzt zu Tode verletzt auf einer Eisscholle die Elbe runter ins Meer
treiben, sind nur einige 'Ausblicke' auf das Kaleidoskop des alltäglichen
Schreckens.
Wer hat soviel, daß er davon abgeben kann, ohne arm daran zu
werden?
Daniel Grolle, erst 23 Jahre jung und schon vom renomierten Luchterhand
Verlag entdeckt. Literaturpreise sind bei ihm sicher nur noch eine Frage
der Zeit.