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Nach seiner Pensionierung als Kriminalkommissar vermochte Alexander Swoboda endlich und ungehindert seine Liebe zur Kunst als Maler ausleben. Zuletzt an einer Steilküste in der Normandie, wo er ein bestimmtes Morgenlicht einfangen wollte - doch dann stürzte unweit von ihm ein Mann von den Kreidefelsen. Wiewohl Swoboda seine Reflexe als einstiger Polizist im Keim erstickt und sich davon abgewendet hatte, wurde er dennoch von dem Mörder des Anderen als potentieller Zeuge ebenfalls getötet. Doch wiewohl nun auf ewige Ruhe hoffend, soll Swoboda nun aus dem Jenseits beide Morde aufklären, die sich wiederum als die Spitze eines Eisberges in den Machenschaften superreicher Schwarzgeldanleger erweisen …
Der Roman "Der Fall" von Gert Heidenreich ist zugleich eine Erstbegegnung mit einem Autor, der vielen bereits u.a. auch als Hörbuch-Einleser oder als preisgekrönter Co-Autor des Drehbuches zu "Die andere Heimat" von Edgar Reitz bekannt ist.
Gleich vorweg - wer mit der "Der Fall" einen typischen Krimi mit Mystery-Einsprengseln erwartet, würde enttäuscht. Zum Glück. Und das obwohl dieses Buch insbesondere zum Ende hin durchaus auch genretypische Spannungsmomente bietet.
Doch zuallererst setzt sich der Autor, Jahrgang 1944, wie auch sein Protagonist Swoboda hier mit dem Tod und dem Rückblick auf die Prioritätensetzungen eines Lebens auseinander. Und dies wie auch alles Andere in geschliffener Eloquenz, die so ungestelzt wie kenntnisreich und belesen den inneren Monologen genauso wie den Dialogen unter Lebenden und Toten reines Leseglück zu bereiten vermag.
Das erlaubt sogar die Gratwanderung, ohne entnervende Aufgesetztheit zuweilen in die Perspektive eines auktorialen Pluralis Majestatis zu wechseln und vorauseilend vorwegzunehmen, was "wir" alsbald beobachten können.
Geschickt umgeht Heidenreich auch die Klippe mit der Einflussnahme aus dem Totenreich - die geschieht sehr subtil und für den Leser unaufdringlich, in dem Swoboda z.B. auf einem Zettelchen ein Stichwort schreibt, wovon sein einst befreundeter Kommissarkollege dann nur "meint", es als Papierschiffchen aus dem Rinnstein aufgehoben zu haben. Zudem gehen diese Hinweise aus dem Totenreich nicht ins Detail, sondern geben lediglich eine grundlegend andere Richtung vor, wenn es sich andere Polizisten zu bequem machen wollen und lediglich dem Offensichtlichen nachspüren.
Der Krimi selbst bietet eine trockene Abrechnung mit der Kurzsichtigkeit reicher Gauner, die immer noch reicher werden wollen - und zumindest in diesem Roman auf Erden wie auch im Totenreich die Konsequenzen auch zu spüren bekommen. Diese kleine Weltfremdheit ist die einzige Schwachstelle in diesem Roman - aber wie im Leben stirbt halt auch in der Fiktion die Hoffnung zuletzt. Und das ist ja nicht selten eine wichtige Ingredienz für das Lesevergnügen.
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