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Wer Glauben nicht mit Nicht-Wissen übersetzt, wird die Fragestellung
unter dem Titel DIE GRÜNEN UND DIE RELIGION weniger als provokant
denn als naheliegend nachvollziehen können. Die INNENANSICHTEN Grüner
MandatsträgerInnen oder im 2.Teil die in nüchterner bis professoraler
Manier vorgetragenen AUSSENANSICHTEN über die Grünen belegen,
daß sich die Partei oder vielmehr die Bewegung der Grünen in
ihrem visionären Vorstellungsvermögen von den etablierten Parteien
absetzt.
Das die Grünen aber insgesamt geradezu als Affront gegen herrschende
Politik bewertet wird, kann nach der Lektüre dieses Buches jedenfalls
nicht mehr damit begründet werden, daß sie 'außerhalb
der Werteskala, die das Grundgesetz reflektiert' stünden. Im Gegenteil
'Wertsetzungen wie Demokratie, soziale Gerechtigkeit, persönliche
Freiheit durch Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen und Frieden
(..) gehören mit einer jeweils anderen Akzentuierung (..) offenbar
zum Grundkonsens aller Demokraten', die im Bundestag vertreten sind.(s.
G.Hesse S.290)
Ob das nun peinlich oder lächerlich ist, wird nicht mehr als nötig
polemisiert, vielmehr ging es den Herausgebern um die unterschiedlichen
Wertungen und Zielsetzungen innerhalb der Partei. Die INNENANSICHTEN der
ersten 181 Seiten, die sich da ja auch nur als Splitter des Ganzen vermitteln,
lassen eine/n Schubladen mit den Etiketten REALOS oder FUNDIS als zu beschränkt
und nicht brauchbar beiseite legen. Jeder der neun AutorInnen setzt in
Form und Sprache mit der Offenlegung seiner/ihrer Lebensantriebe bzw. Antriebe
für das Engagement bei den Grünen einen jeweils ureigenen Akzent.
Es können hier nur verkürzende Überschreibungen wie frommes
und kritisches Christentum, NEW AGE und Anthroposophie, östliche Spiritualität
und Mystik sowie Skepsis und Religionskritik genannt werden. Die sieben
Aufsätze der AUSSENANSICHTEN zeigen allgemein und quellenreich die
Gemeinsamkeiten und das Trennende zwischen Grünen und Religion auf.
Besonders hervorzuheben ist auch der Aufsatz von Andreas Bernstorff, der
eine aufregend neue Definition von Natur und Naturschutz liefert. David
A. Seeber, der sich "von der Grünen-Bewegung sehr viel weiter entfernt
sieht, als es Kardinal "Höffner war" nimmt das Anliegen der
Grünen immerhin insofern ernst, wenn er zu dem Schluß kommt:
"An Gesprächsstoff für harte Auseinandersetzungen (zw. kath.Kirche
u. den Grünen) wird es nicht fehlen, gerade wenn dabei auf vordergründige
tagespolitische Effekte verzichtet wird."
Die Beiträge dieser Sammlung verlangen z.T.(vor allem bei den
AUSSENANSICHTEN) die Lesehaltung wie für ein Sach-oder Fachbuch, eröffnen
dafür aber die Möglichkeit zu neuen Antworten und nicht zuletzt
zu neuen Fragen an die Grünen. Wer Augen hat zu sehen, der/die sollte
dieses Buch lesen ...