buechernachlese.de
|
Weg von den rostbraunen Rinderhälften, den schwarz-rot-gelben Wurstgehängen
des mütterlichen Metzgerladens, weg aus der Enge Wasserburgs. Anselm
Dinkl treibt u.a. die Tatsache an, "daß sein Vater zwar in den
Wasserburger Kessel hinein, nicht aber - wenn man von seinen Überresten,
die auf dem Friedhof lagen, absah - wieder aus ihm herausgekommen war."
Dieser Vater hatte eigentlich lieber den Metzgerstöchtern den
Hof gemacht und auf Hochzeiten und Bierfesten mit seiner Ziehharmonika
aufgespielt, als im Kühlraum Schweinehälften zu zertrennen. Mit
diesen Vorgaben gelangt der Held alsbald nach München an die Kunstakademie.
Er malt vorerst ausschließlich schwarz-weiß ... Peter Jacobi
hat nach Hörspielen (eines 1989 ausgezeichnet mit dem Preis der Kriegsblinden)
und Theaterstücken seinen ersten Roman verfaßt. Einen Entwicklungsroman.
Einen Roman, der die Entwicklung eines zur (bildenden) Kunst berufenen
darstellt, vorführt, karikiert. Wirklich interessieren wird DER WEISSE
ZWERG vor allem KünstlerInnen und deren Dunstkreis, aber ob sie über
soviel Selbstironie wie der Autor verfügen, wird abzuwarten bleiben.
Denn wenn der Klappentext den Protagonisten als "bayerischen Kleinbürger"
apostrophiert, sollte sich endlich mal der kunstinteressierte Großbürger
ausweisen, der sich, und sei es auch nur ein klein wenig, nicht in dieser
Abrechnung widergespiegelt sehen muß. Anselm Dinkl jedenfalls, der
seine Berufung überaus ernst nimmt, wird trotz allen Suchens nach
dem "eigenem Stil" immer wieder zum Opfer der ihn manipulierenden Umgebung,
die alles mögliche, nur nicht die hehre Kunst im Sinn hat - sei es
nun die Metzger-Mutter, die mit Beginn der künstlerischen Laufbahn
ihres Sohnes die Filialen mit Kunstdrucken ausstattet bishin zum geschäftstüchtigen
Galeristen, der eben in erster Linie ans Geschäft denkt, und nicht
zuletzt die KollegInnen und "Musen", die natürlich in erster Linie
KonkurrentInnen sind. Bei der Egozentrik des Anselm Dinkl hält sich
das Mitleid allerdings in Grenzen, da auch er nur eine kunstbeflissen beschränkte
Bunkermentalität pflegt und sonst gar nichts. Die Verballhornung des
Kunstbetriebes und die tragikomische Introspektive seines Helden gelingen
Peter Jacobi in einer bild- und farbstrotzenden Sprache, die - gar nicht
paradox - einen ansehnlichen Nachweis für Kunst bezeugen: Prosa vom
Feinsten.