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Der erste Fall von Kristina Vendel als neue Leiterin der Mordkommission. Eine weibliche Leiche in einem Plastiksack. Sie muß mehrere Monate in dem Stockholmer Kanal gelegen haben, denn das Eis ist gerade erst geschmolzen. Allein die Identität der Toten aufzudecken, dauert eine ganze Weile, aber dann scheint es am Ende ganz einfach zu sein. Nach seiner Ergreifung legt der Tatverdächtige zwar ein umfangreiches Geständnis ab, doch kurze Zeit darauf nimmt eine zweite Person für sich in Anspruch, das Opfer getötet zu haben.
Walters und Mankell haben Konkurrenz bekommen, und was für eine! Theodor Kallifatides, Jahrgang 1938, ist gebürtiger Grieche, lebt aber bereits seit bald 40 Jahren als preisgekrönter Autor und Journalist in Schweden. 'Ein leichter Fall' ist sein erster, höchst vielversprechender Kriminalroman um Kristina Vendel, der sich nicht zuletzt auch dank der kongenialen Übersetzung von Susanne Dahmann als ein Gewinn für das Genre in unserem Sprachraum ausweist. Skandinavische Ernsthaftigkeit verbunden mit homerischem Sinn für Lakonie geben ihm eine tiefgründige Leichtigkeit. Anstatt sich die Kommissarin gewichtig im melancholischem Weltschmerz aalen zu lassen, inszeniert Kallifatides ein Kaleidoskop verschiedenster Gefühle und Anschauungen, indem er allen Protagonisten, seien es nun die Mitarbeiter des Kommissariats oder auch die Verdächtigen, Raum zur unprätentiösen Selbstdarstellung gibt. Daß Kristina Vendel Philosophie studiert hat und ihr Vater DDR-Flüchtling und Lateinlehrer war, steht so neben vielen anderen skurrilen Lebenswegen. Wie im 'richtigen Leben' haben deren Gewohnheiten, Lieben und Trennungen einen zufälligen oder eben gar nicht so zufälligen Anteil an der Lösung dieses Falles. So reihen sich mit jedem Kapitel unaufdringlich dichte Minutenromane zu einem spannenden wie ironischen Ganzen, aus dem man am liebsten absatzweise zitieren möchte, so originell erhellend wie treffend sind die Sprachbilder, um hier eine Situation oder dort eine Person zu charakterisieren. Und am Schluß steht ein Urteil, daß in aller Gelassenheit nicht mehr verspricht, als die Grauzone demokratischer Kompromisse zuläßt. Feinste, horizonterweiternde Unterhaltung also!