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Büchernachlese-Extra: Die Andere Bibliothek

Otto Kallscheuer

Die Wissenschaft vom Lieben Gott

Eine Theologie für Recht- und Andersgläubige, Agnostiker und Atheisten. Eichborn Verlag - Andere Bibliothek Bd. 249, Frankfurt a.M. 2006. 488 Seiten. 34,00 Euro. ISBN: 3-8218-4561-9, >>> Amazon
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Kennen Sie den Unterschied zwischen Ungläubigen und Nichtgläubigen? Der Ungläubige sträubt und wehrt sich gegen die Religion(en) seines Kulturkreises, so dass man ihn fragen kann: An welchen Gott glaubst Du nicht? Somit unterscheidet sich ein Ungläubiger aus Europa sehr wohl von einem aus Asien, und er stellt sich den Glaubensfragen und ihrer Verneinung zumeist mit mindestens ebenso großem Kierkegaardschem "Ernst" wie ein Gläubiger. Die immer stärker anwachsende Masse der gleichgültig Nichtgläubigen hingegen sind in ihrer Ignoranz universell - sie verstehen die Frage nach Gott nicht mehr als drängend, lassen sich von ihr nicht mehr in ihrem Innersten berühren. Band 249 der Anderen Bibliothek wäre für sie also völlig uninteressant und würde von ihnen noch nicht einmal ignoriert. Die große Minderheit aller anderen aber wird in diesem Werk von Otto Kallscheuer eine selten profunde wie vergleichsweise eingängige Auseinandersetzung um "Die Wissenschaft vom Lieben Gott" vorgestellt bekommen.
Der Politikwissenschaftler und Philosoph, mit Lehr- und Forschungsaufträgen an der Freien Universität Berlin und am Institute for Advanced Study an der Universität Princeton, New Jersey, wirft in 18 Kapiteln 18 grundlegende Fragen auf:

Wem können wir glauben? Warum glauben wir an Gott? Und wenn wir nicht glauben? Warum gibt es überhaupt irgend etwas - und nicht nichts? Warum ist Bewusstsein grundlos? Warum fragen wir weiter? Ist der Mensch ein metaphysisches Tier? Warum würfelt der Liebe Gott nicht? Was spricht gegen viele Götter? Wo hören wir Gottes Stimme? Was heißt Pantheismus? Ist die eine Welt ohne Gott? Welcher Art ist Gottes Hoheit? Ist die Theologie Bekenntnis, Vision oder Wissenschaft? Und wenn Gott die Welt nun nicht erschaffen hätte? Warum hat Gott keine Augenzeugen? Brauchen wir Gottes Gesetz um frei zu sein? Glauben Juden und Christen und Muslime an denselben Gott?

Sie eröffnen eine Tour d'Horizon durch die über Jahrhunderte prägenden Auseinandersetzungen über das Gottesbild von Agnostikern, Atheisten, Philosophen und den Anhängern der drei Schriftreligionen, mit einem begründeten Platzvorteil für abendländische und orientalische Philosophen sowie den Kirchenlehrern christlicher Konfessionen.
Der ohne Fußnotenverweise auskommende Anhang am Ende des Buches ist für ein nicht als spezifisches Fachbuch gedachtes Werk mehr als ausreichend.
Aber Achtung: Es geht hierbei dennoch um eine sehr intellektuelle Metabetrachtung der Auseinandersetzungsformen über das Vorhandensein Gottes (oder eben nicht) bzw. um das, was den Anfang unseres Universums setzte - und somit weniger um die diversen Religionen und andere (Un-)Glaubenshaltungen, sondern "lediglich" um deren jeweilige Gottesvorstellung und inwieweit sich ein Mensch dem überhaupt nähern kann oder eben nicht. Alles andere hätte in seiner zuweilen nur Millimeterweise vorrückenden Spitzfindigkeit wohl den Platz eines solchen Kompendiums gesprengt, auch wenn dem Ganzen dann noch mehr "Fleisch" hätte angefügt werden können.
Einem Philosophen gemäß, nutzt Kallscheuer jedoch des Öfteren fiktive Dialoge aus Frage und Gegenfrage, These und Antithese, was in seiner geistvollen Eleganz dem Verstehen sehr entgegenkommt und einem deutschsprachigen Professor hoch angerechnet werden muss - amerikanische Autoren dieser Liga, mit ihrer Gabe zur Elementarisierung höchst komplexer Themen wie z.B. der Kognitionswissenschaft, würden es allerdings auch mit den das zuvor Gesagte illustrierenden Originalzitaten gut sein lassen und sich die zuhauf so "beiläufig" wie vielsprachig eingestreuten Floskeln verkneifen. Aber nun gut, so "klein" darf man sich hierzulande unter den Kollegen nicht machen und das mag einfach milde lächelnd überlesen werden. Diese Mäkelei am Rande soll auch nur wenig daran kratzen, dass dieses Werk von Otto Kallscheuer seiner Bedeutung nach der sowieso schon sehr bedeutsamen Anderen Bibliothek einmal mehr zu Ehre gereicht, ja ihr in gewohnt ansprechender Ausstattung sogar einen äußerst bemerkenswerten Gipfel aufsetzt.
Bleibt am Ende nur noch der sich leider nicht mehr von selbst verstehende Imperativ: Lesen!

Siehe hierzu auch im Textenetz das Essay
Lego, ergo sum

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