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1984 (dt. 1986) schickten Stephen King und Peter Straub einen 12-jährigen Jungen auf die Suche nach einem geheimnisvollen Talisman. Dazu musste Jack Sawyer nicht nur quer durch die Vereinigten Staaten, sondern immer wieder auch in eine eigenartige Spiegel- bzw. Nebenwelt 'flippen'.
Viele Jahre später legt dieses Autorenteam nach 'Der Talisman' nun 'Das schwarze Haus' vor.
Jack Sawyer, gerade mal 30 Jahre alt, hat trotz seiner Erfolge und der Aussicht auf eine steile Karriere bei der Kriminalpolizei von Los Angeles den Dienst quittiert. Er kann sehr gut von der Hinterlassenschaft seiner Mutter, einer seinerzeit erfolgreichen Filmschauspielerin leben - doch der wahre Grund für seine Kündigung ist ein ganz anderer: Jack steht seit einiger Zeit unter einem unheimlichen Druck, der ihn kaum noch Luft bekommen läßt. Seltsame Vorboten, wie plötzlich um ihn herumschwirrende rote Federn, bringen ihn völlig aus der Fassung. Und dann bittet ihn der Polizeichef des kleinen Städtchen French Landing um Hilfe. Es wurden mehrere Kinder entführt, zwei von ihnen hat man ermordet und auf grauenhafte Weise verstümmelt wiedergefunden. Offenbar ein Serienkiller. Doch Jack ahnt bald, dass dieser Mörder nur die Speerspitze einer Macht in jener anderen Welt darstellt, in der er als Junge den Talisman berührt hat.
Nachdem im Frühjahr 'Der Buick' von Stephen King eine sehr diesseitige Welt der Langeweile verbreitet hat, vermag er zusammen mit Peter Straub endlich wieder das vorzulegen, worin er in diesem Genre einfach unübertroffen ist: Eine überzeugende Mischung aus Gegenwartsthriller, Horror und Fantasy. In ihrer Sprachregelung kongenial aufeinander abgestimmt, ist kaum auszumachen, wer von beiden hier nun für was verantwortlich zeichnet. Die Gabe der beiden, Seiten fressen lassenden Nervenkitzel zu erzeugen, haben sie auch jeder für sich allein oft genug bewiesen und damit ihren Fans so manch schlaflose Nacht bereitet. Fans von Stephen King erkennen jedoch sofort einige seiner Marken, die er u.a. bei der ironisch pointierten Ausgestaltung seiner Handlungsträger zu setzen vermag. (Z.B. ein Blinder, der im Rundfunk Baseballspiele kommentiert und mehr wahrnimmt als so mancher Sehender - nach dem Motto: Das sieht doch ein Blinder; oder fünf 'Hells Angels', die neben ihren Harleys auch noch akademische Diskussionen über Philosophie und Literatur pflegen.)
Außerdem sind da noch die Versatzstücke aus einem frühen, unvollendet gebliebenen Hauptwerk Kings, wie 'der schwarze Turm' und der 'Revolvermann' Parkus, die hier sehr geschickt in die zentrale Handlung eingebaut wurden, was wiederum der Hoffnung auf eine endlich nahende Vollendung seines 1982 begonnenen 'Turmprojektes' Nahrung gibt.
Wer sich auf das Spiel der beiden einlässt, muss zunächst einmal die Weltanschauung schlucken, wonach neben den üblichen Entwicklungen menschlicher Gemeinheiten und Verbrechen auch noch eine gleichsam exterritoriale Macht des 'Bösen' existiert, die immer wieder aufs Neue versucht, diese und andere Parallelwelten zu beherrschen. Formal ist ansonsten nur noch die geschwätzig kommentierte Sicht eines schwarzen Raben zu benörgeln, die einen zuweilen wie eine Art fliegendes Kameraauge in neue Szenen einführt. Doch davon einmal abgesehen, bietet 'Das schwarze Haus' ein wirklich fulminant schauriges Lesevergnügen der Sonderklasse, auf das man sich übrigens auch ohne Vorkenntnis des 'Talismans' einlassen kann.
Weitere Besprechungen zu Werken von Stephen King siehe:
Büchernachlese-Extra: Stephen King