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Rudyard Kipling (1865-1936), der mit 42 Jahren so jung wie bislang kein anderer mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, ist der Nachwelt vor allem durch Walt Disneys kindgemäße Trickfilm-Adaption eines seiner Werke bekannt geblieben. Dabei ist Das Dschungelbuch im Original gar kein Kinderbuch, wie auch die Ende 2015 von Andreas Nohl herausgegebene und werkgetreu eingängig übersetzte Ausgabe im Steidl Verlag deutlich macht. Das "einzig richtige Kinderbuch" von Kipling enthält 13 Geschichten, die er für seine eigenen Kinder geschrieben und immer wieder erzählt hat. Ebenfalls von Andreas Nohl herausgegeben und übersetzt, liegen sie nun auf deutsch unter dem Titel "Der Schmetterling, der mit dem Fuß aufstampfte" vor.
Vor deren Einsatz im Kinderzimmer empfiehlt sich die Durchsicht des vierseitigen Anhangs. Im Nachwort erzählt Nohl neben einer anrührenden Anekdote zum Originaltitel insbesondere auch davon, dass und wie Kipling die Geschichten seinen und anderen Kindern vorgetragen hat. Denn zum Selberlesen eignen sich die Geschichten erst für Menschen, die das erste Lesealter einige Zeit hinter sich gelassen haben. Und selbst die ziehen noch einigen Gewinn aus den dem Nachwort angefügten "Anmerkungen", in denen einige Begriffe aus den Geschichten erläutert werden.
Kipling setzte in seinen Geschichten auf die Liebe der Kinder an Nonsense-Wortspielereien und reihte bei mehreren Fantasieortsnamen auch mit ironischem Seitenblick auf vorlesende Erwachsene z.B. einen Begriff wie "Amygdala" (Mandelkern im Gehirn) ein. Aber keine Angst, die Übersetzung spürt kongenial dem musikalischen Sprachrhythmus Kiplings nach, was das Vorlesen auch solcher Begriffe ungemein erleichtert. Und bei allem Nonsense und den trotz großer Weisheit nicht immer ernst zu nehmenden Antworten machen die Geschichten Kindern Mut, überhaupt erstmal solche Fragen zu stellen, wie die nach dem Höcker eines Kamels und den ersten Gürteltieren oder wie der Elefant zu seinem Rüssel kam oder wie der erste Brief geschrieben wurde und wieso letztlich alle Lebewesen wissen, was ihre Aufgabe ist. Darauf geht Kipling derart komisch ein, dass auch der Elefant für seine Neugier immer wieder verhauen werden kann, ohne Leserproteste fürchten zu müssen - aber auch deshalb, weil eben am Ende in wunderbarer Volte keiner keinen mehr verhaut.
Ein echter Gewinn für diese Geschichten sind zudem die farbigen Illustrationen von Kathrin Schärer - insbesondere ihre Tierzeichnungen sind sehr naturgetreu. Ihnen allesamt aber auch noch punktgenau und wohldosiert die unterstellten Emotionen ablesen zu können, gibt der Komik der jeweiligen Abschnitte noch mal einen ganz besonderen Kick.
Empfehlenswert? Sehr empfehlenswert!!