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'Gefährliches Zeug' nennt ein Bekannter von mir alles, was dem
Genre Märchen nahekommt. 'Gefährlich' deshalb, weil es so moralisch
sei. Demnach ist die 'Märchensammlung' WIEVIELE FARBEN HAT DIE SEHNSUCHT
hochbrisanter Stoff.
Der Lucy Körner Verlag hat den Anspruch 'Bücher für
eine bessere Welt' zu verlegen und apostrophiert die Sehnsucht als 'eine
Kraft, die unsere Träume in die Wirklichkeit trägt'.
12 Geschichten, die mit ihren gewollten aktuellen Bezügen eher
Gleichnisse als Märchen sind, laden ein, dieser Kraft auf die Spur
zu kommen.
Roland Kübler ist allein mit sechs Geschichten vertreten, an denen
ich vor allem die poetische Sprachmelodie schätze. So läßt
er u.a. Wale fast schon hörbar über die grausame Geschäftstüchtigkeit
der Menschen singen, und man mutet sich danach auch traumselig ein Märchen
zu, das mit 'Der Sinn des Lebens' überschrieben ist. Die fünf
anderen Autoren/innen W. Eicke, M. Eichborn, P. Partisch und B. Losse mit
je einer Erzählung und Heinz Körner mit zweien fügen sich
da insgesamt gut ein bzw. tragen redlich ihr Quantum Farbe bei. Fragen
nach Grundsätzlichem werden hier märchenhaft unbeschwert angegangen,
und finden Lösungen, die einem den Weg zum Therapeuten ersparen oder
eröffnen mögen. 'Die Frau aus dem Regenbogen' scheint allerdings
direkt auf der Couch aufgenommen - wie hier der Sohn dem 'alten Vater'
dessen Sprachlosigkeit Beine macht, ist nicht mehr anrührend, sondern
schon penetrant in seinem Wunschdenken. Das Gros der Geschichten baut sich
aber straff und ohne Brüche auf, und erfreut den, der Geschriebens
dieser Art liebt, durch das Fehlen jedweder Hektik. Ruhig und bedächtig,
heiter und stets besinnlich geben sie einem die Zeit, wieder mal über
die offensichtlich eindimensionale Perspektivlosigkeit der Macht- und Geldmenschen
zu staunen und selbst wieder etwas Sehnsucht zu wagen. Die Illustrationen
von H.Deinhard, S.P.Joshua und R.Schröder sind in bewährter Pünktchenmanier
liehevoll bis ins kleinste Detail ausgestaltet und wie die Schrift braun
gedruckt.
Jetzt schnell Kerzen besorgen, auf den Abend warten, dann lesen und
die Farben zählen. Nur weil die Anderen, die Cleveren Moral als Blödsinn
für sich vereinnahmen, muß man sich ihnen ja nicht gleich cool
über den Dingen stehend anschließen.