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Büchernachlese-Extra: Kabarett-Autoren
Textenetz: Volker Kühn

Volker Kühn (Hg.)

Wir sind so frei

Kabarett in Restdeutschland 1945-1970. Quadriga, Weinheim 1993, 421 S., ISBN: 3-88679-164-5, >>> Amazon
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Das älteste Kabarett unseres nun wieder vereinigten Nachkriegsdeutschlands ist das "Kom(m)ödchen" in Düsseldorf, ein Jahr später, 1948, gründeten sich die nicht mehr existierenden "Insulaner", wieder ein Jahr später, "Die Stachelschweine" in Westberlin. "Die Distel" und die Leipziger "Pfeffermühle" einerseits, andererseits die Münchener "Lach- und Schließgesellschaft, halten ihr Fähnchen bereits seit Mitte der 50iger Jahre mehr oder weniger standhaft gegen den gesellschaftspolitischen Wind.
Wie standhaft genau, d.h. mit welchen Drehungen und Wendungen sich das Kabarett in dem ersten Vierteljahrhundert nach dem II.Weltkrieg über Wasser hielt, belegt sehr eindrücklich in neun Kapiteln der 4. Band der von Volker Kühn herausgegebenen Kabarett-Bibliothek. Ein Kapitel z.B. ist allein den AutorInnen der deutschsprachigen Schweiz und Österreich (Qualtinger, Kreisler) gewidmet.
Autoren wie Erich Kästner, Werner Fink und Wolfgang Neuss sind vielleicht schon (völlig zu Unrecht!) in Vergessenheit geraten, Dieter Hildebrandt und Hanns Dieter Hüsch sind es wegen ihrer scheibchenweise geduldeten TV-Präsenz immerhin (noch) nicht - aber wie sehr sich das Kabarett unserer Tage wieder den parodistisch-klamaukigen 50-igern angenähert hat, kann man auch an jenen Texten überprüfen, die in den 60-igern gegen den Mief der "Wirtschaftswunderjahre" revoltierten. Damals sang ein Wolf Biermann gemeinsam mit Wolfgang Neuss gegen den Krieg (Soldat, Soldat in grauer Norm), um nun heute für die erst kürzlich fernsehgerecht übertragenen "chirugischen Eingriffe" am Golf zu sein. Andere wie z.B. Hannelore Kaub ("Bügelbrett") haben vor dem neuen, alten Zeitgeist scheinbar endgültig resigniert oder bringen wie Volker Ludwig ("Das Reichskabarett") zwar nach wie vor ihr gesellschaftskritisches Engagement ein, wenn auch "nur noch" in einem hervorragenden Kindertheater ("Grips").
Wie in den vorangegangenen drei Bänden, die nächstes Jahr mit dem fünften und letzten Band schließlich das ganze Kabarett-Jahrhundert überblicken, stattete V.K. die Kapitel mit kompetent, liebevoll-engagierten Essays aus. Zudem ergänzte er die Texte im Anhang mit z.T. verblüffenden Hintergrundinformationen sowie den Kurzbiographien der im Buch vertretenen AutorInnen. V.K. hat im Übrigen für das ZDF das Drehbuch zu einer mehrteiligen Dokumentarserie über die "10.Muse" geschrieben, die Anfang '94 ausgestrahlt werden soll. Mit dieser Bibliothek aber leistete er bereits höchst wichtige Zeugenarbeit - gerade auch für jene, die das Wort "Patriotismus" wieder "neu" und "ohne Bauchschmerzen" buchstabieren wollen.

Interview und weitere Besprechungen zu Werken von Volker Kühn siehe:
Textenetz: Volker Kühn

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