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Geboren als Sohn einer Engländerin und eines Pakistani in Süd-London,
beziehen Hanif Kureishis Kultfilm-Drehbücher und Romane nicht zuletzt
aus dem Kontext seiner Herkunft ihren Reiz. So auch seine Sammlung von
zehn Erzählungen in "Blau ist die Liebe". Die kürzesten mit knapp
zehn, die längsten mit gut 50 Seiten Umfang variieren stets ein Thema:
Die Diskrepanz zwischen grauem Alltag und Wunschvorstellungen. Die Wünsche
wiederum zielen meist auf Geld, gesellschaftliche Anerkennung oder/und
der Traumbeziehung. Der Gefahr, in reine Melancholie oder gar in moralinsauere
Elegien zu verfallen, entgeht Kureishi unter anderem dadurch, daß
er sein "Fleisch" für den jeweiligen Plot in "exotischen" Randbezirken
sucht. In den Ghettos für Pakistani oder aber auch in den Aussteigermillieus
alter 68er, 78er, 88er.
Die Sehnsucht der meist 40-jährigen, männlichen und im freischaffenden Filmgewerbe tätigen Helden gilt dem Sex mit halb so alten Frauen, ihr Motiv des Versagens korrespondiert mit einem tradierten Drogenkonsum, der wiederum eine Verbindung zu den Jugendlichen von heute herzustellen scheint. Sich mit und in ihrem Alter wohlfühlende
Leser mag das bald ermüden, wäre da nicht die erste Geschichte
"In a Blue Time", worin sich ein gewisser Roy für sein Nicht-Versagen
rechtfertigen muß. Und es gibt da noch die autobiographisch angehauchte
Kindheitsschilderung (Wir sind keine Juden) oder Surreales wie "Die
Geschichte mit der Wurst" und "Die Fliegen". Während man
sonst über das dichtgedrängte Potpourri grotesker Einfälle
hinwegschmunzelt, haken sich hier Bilder und Gedanken fest und lassen einen
nicht mehr so schnell los.