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"Plötzliche Regenfälle können zum Betreten einer Buchhandlung zwingen.
Meistern Sie Ihre Unsicherheit in der ungewohnten Umgebung.
Beim Blättern in Büchern, Handschuhe und Fäustlinge (auch nasse) anbehalten,
um Verschmutzung der teils wertvollen Werke durch die bloße Hand zu vermeiden.
Das Herausreißen einzelner Seiten verrät geistige Regsamkeit.
Merke: Nicht auf die Bücher spucken."
Diese mit "Literatur" überschriebenen Merksätze sind auf Seite 399 der Gesammelten Prosa von Loriot nachzulesen und bedürfen wohl keiner weiteren Kommentierung. Sie sind Teil einer Buch-Neuerscheinung, die, im handlichen Oktav-Format und auch wegen des dünnen, nichtsdestotrotz relativ reißfesten Papiers seiner 750 Seiten, an eine Bibel für den alltäglichen Gebrauch gemahnend, eigentlich nur einen Makel hat: Es fehlen, abgesehen von einer bedenklich stimmenden Coverillustration des Autors, die Cartoons!
Aber über diesen Makel ist hinwegzusehen, verweist ja schon der Titel lediglich auf "Gesammelte Prosa" und lässt somit die Cartoons außen vor - zudem wären Loriots Cartoons auf Dünndruck sehr durchscheinend, was wiederum zu einigen Irritationen führen könnte, und das Prädikat "handlich" müsste angesichts des dann ziegelschweren Papierblocks von einem Hinweis auf die Notwendigkeit des Mitführens eines Waffenscheins beim Lesen und Betrachten außer Haus ersetzt werden.
Dafür aber nun die Gesammelte, ja man kann sagen, Sämtliche Prosa Loriots, als da wären die Texte zu seinen berühmten Sketchen, die seinerzeit teils mit lebenden Schauspielern (z.B. Der Lottogewinner), teils in knollennäsiger Trickfilmanimation (z.B. Herren im Bad) dem Publikum vorgestellt wurden. Zur leichteren Zuordnung sind nicht nur diese Texte auf mehrere Kapitel verteilt, überschrieben z.B. mit "Der Mitmensch" oder "Szenen einer Ehe". Die einzelnen Titel und auch allgegenwärtige Zitate daraus sind wiederum in zwei getrennten Registern des Anhangs aufgeführt, der natürlich auch die Quellen jeweiliger Erstveröffentlichung nennt.
Daneben sind noch ein Vorwort von Joachim Kaiser (dem Joachim Kaiser!), ein Nachwort von Christoph Stölzl (zumindest Berlinern hinlänglich bekannt) sowie Geschichten, Festreden, Liebesbriefe, Kochrezepte, zehn Gedichte und der allbekannte Opernführer samt "Karneval der Tiere" nachzulesen .. nachzufeiern!
Wen das immer noch nicht über die fehlenden Cartoons hinwegtröstet, der sei noch auf die unter dem weißen Schutzumschlag verborgene weinrote Leinenausstattung inklusive des im selben Farbton gehaltenen Lesebändchen hingewiesen, aus dem findige Bastler gewiss das Eine oder Andere herzustellen und nutzbringend in Verwendung zu bringen vermögen.