buechernachlese.de
|
Entführt wie von den weihnachtlichen Geistern des Charles
Dickens, angesprochen von lebendig gewordenen Bildern, die
einem Christian Andersen zur Ehre gereicht hätten, begibt
sich der kleine Kay auf die Suche nach dem Schatz seines
Urgroßvaters. Zu Kays Verbündeten zählen
nuschelnde Ratten, flinke Otter und listige Katzen, ja selbst
König Artus und Sir Lanzelot versagen ihm
nicht die Hilfe, als die Habgier der Hexen und Zauberer
das Leben Kays und seiner Freunde bedrohen. Und immer wieder
erwacht Kay in der Realität eines Alptraumes, der in erster
Linie von dem Fehlen der Eltern und der Lieblosigkeit seiner
Gouvernante bestimmt wird.
Eine nur von den offensichtlich psychologischen Gesichtspunkten
ausgehende Besprechung würde diesem Roman aber nicht
gerecht.
John Masefield liebte die (Grusel)-Geschichten des
Merry Old England: Mord und Totschlag, Hexenprozesse, Folter und
Deportationen, ... schwarze und weiße Magie. Das alles mischte er,
versetzt mit alten Sprichwörtern und Liedfetzen
zu seinem Lieblingsbuch DAS MITTERNACHTSVOLK.
Das Happy End bemüht dann auch keine wiedergefundenen
Eltern, sondern eine fleischgewordene Fee,
die dem Kay ein Leben zwischen bzw. mit den beiden Welten eines
ungebrochenen Kindes erlaubt.
Mit seiner Erstübersetzung dieses 1927 erschienen
Werkes, befriedigt die Hobbit-Presse einmal mehr das
Bedürfnis nach phantastischer Literatur, wie sie in der
Regel offenbar nur angelssächsischen Federn entstammen kann.
Und J.M. ist einer der berühmtesten Dichter Englands gewesen,
der vom englischen König zum poeta laureatus, d.h. zum
besten damals lebenden Dichter ernannt wurde. Hans J. Schütz ist es
zudem gelungen, die Patina an der altgewordenen Sprache J.M.s
melodie-und sinnerhaltend zu übertragen, sodaß
man beim Lesen dieses Buches sich selbst als Hüter eines gerade
geborgenen bibliophilen Schatzes träumen kann.