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Dreieinhalbtausend Jahre nach Christi Geburt wird in einem postnuklearen Amerika der letzte Papst geweiht. Ein weiteres Schisma droht, es geht um nicht weniger als die politische Macht über die Reste einer Zivilisation, die einmal mehr am Abgrund steht. Abendländisches Machtgepräge, das nicht zuletzt in irrationalen Dogmen seinen Ausdruck findet, steht der mystischen Anschauung von überlebenden Angehörigen nomadischer Naturvölker gegenüber. Dazwischen 'Nimmy' Schwarzzahn, der als einfacher Mönch des Leibowitz Ordens seinen Frieden mit Gott sucht. Nicht einfach, nicht nur wegen der politischen Verwicklungen, denen auch er sich nicht entziehen kann. Denn da ist noch der 'Normalo' Aedrea, eine Mutantin ohne sichtbare Kennzeichen, die Schwarzzahn sehr geschickt in Versuchung zu führen weiß.
Gut 35 Jahre nach dem 'Lobgesang auf Leibowitz' gibt der Autor Walter M. Miller jr. den Kampf an einer Fortsetzung dazu auf. Das fast fertige Manuskriptkonvolut übernimmt daraufhin Terry Bisson, der sich begeistert an die Arbeit macht und sie nach 5 Monaten fertigstellt - der offenbar an Depressionen leidende Walter M. Miller jr. hat jedoch in der Zwischenzeit Selbstmord verübt. Diese 'Rahmengeschichte' wirft ein Schlaglicht auf die gewandelte Weltsicht des Autors. Seiner überbordenden Phantasie steht ein nach wie vor herrlich schwarzhumoriger Sarkasmus zur Seite, doch der Glaube an eine sich weiterentwickelnde 'Menschheitsgeschichte' tendiert gegen Null. Und seiner Argumentation ist weiß Gott nur schwerlich zu widersprechen.
Für Kenner und Liebhaber Millers ist 'Ein Hohelied für Leibowitz' jedenfalls ein Muß. Sie werden sich auch nicht an den Längen stören - Längen, die für sich genommen sehr lesenswert und unterhaltsam sind, die aber die Komposition überfrachten und den Lesefluß des Romanes hemmen. Das hätte allerdings auch ein zweiter Miller sein müssen, der sich hier zu kürzen gewagt hätte. 'Neulinge' sollten sich also vor seiner Lektüre erstmal von dem ebenfalls dieser Tage wieder aufgelegten ersten Band anstecken lassen.