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Selten genug, daß man beim Picken im alljährlich wachsenden
Bücherberg etwas findet, das einen sowohl in ironiegeladender Spannung
hält, mit erkenntnisreichen Überraschungen aufwartet und auch
noch sprachlich sauber formuliert ist. In der Sekundärliteratur erwartet
man diese Verknüpfung positiver Eigenschaften am allerwenigsten. Friedhelm
Moser hat sich nun aber auch einen besonderen Gegenstand zur Erörterung
gewählt: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Was bislang
nur der Intuition von Kindern zugutekam, soll nun auch den Intellekt der
Erwachsenen erhellen. Mosers philosophische Einführung in den Lokomotivismus
erweist sich dabei als ein Hohes Lied auf die knappe Formulierungskunst
seiner Protagonisten. Wenn Kant wissen will: "Wie sind synthetische
Urteile a priori möglich?", heißt es bei Jim Knopf in kristallener
Klarheit: "Was is' denn?"
Obwohl Lummerland nur fünf Bewohner
hat, findet Moser auf dieser zwischen Utopia und Liliput gelegenen Insel
alles Wesentliche, was nach Platon einen Staat ausmacht. Allein um das
Verhältnis zwischen Emma, der Lokomotive und Lukas, dem Lokomotivführer
zu bestimmen, sind La Mettrie, Erich Neumann und Ernst Bloch zu zitieren.
Dabei zeugt der Titel des Ganzen von wahrer Bescheidenheit: JIM KNOPF UND
DIE SIEBEN WEISEN. Tatsächlich belegen nicht weniger als 53 PhilosophInnen
die Komplexität des Lokomotivismus. Im Anhang werden sie der Reihe
nach samt informativer Kurzfassung ihrer wesentlichen Aussagen vorgestellt.
Ob Aristoteles oder de Beauvoir, Einstein oder Rousseau bishin zu Sokrates
und Wittgenstein - das jeweils beste ihrer Thesen hat sich als Mosaikstein
in den Lokomotivismus eingefügt. Wer hier von Eklektizismus redet,
sollte sich den herablassenden Unterton tunlichst verbeißen. Si tacuisses ...
Weitere Besprechungen zu Werken von Michael Ende und Sekundärliteratur dazu siehe:
Büchernachlese-Extra: Michael Ende