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Am 18.August 1976 hatte sich Pfarrer Oskar Brüsewitz um 10.20h
in Zeitz der "staatsfeindlichen Hetze durch Aufbau von Transparenten
in der Oberstadt vor der Fußgängerzone und anschließendes
Übergießen mit Benzin und Anbrennen seiner Person verdächtig"
gemacht. Am 22.August 1976 ist Pfarrer Oskar Brüsewitz an den Folgen
dieser nach § 1, Absatz 1 des DDR-Strafgesetzbuches begangenen "Straftat"
seinen Verletzungen erlegen.
In dieser winzigen Anekdote zeigt sich bereits die tragisch-groteske
Spannweite eines unerhörten Vorgangs, für den sich heute wieder
einmal kein Schuldiger, sprich Verantwortlicher, finden lassen will. Drei
AutorInnen bemühten sich nun immerhin um Spurensicherung und gaben
ihr den Titel DAS FANAL bzw. "Das Opfer des Pfarrers Brüsewitz
und die ev. Kirche". Sie dokumentieren darin, was von den öffentlich-rechtlichen
Fernsehanstalten bishin zur Springerpresse verlautbart wurde sowie - da
einer der AutorInnen zugleich Mitarbeiter der "Gauck-Behörde" ist
- auch entsprechend zusammengetragene Stasiunterlagen. In acht Kapiteln
wird das Fanal selbst, das Motiv, der Lebensweg Brüsewitz, das Zusammenspiel
von Staat und Kirche, die Reaktionen innerhalb der ev. Kirchen sowie die
des "Westens" erläutert bzw. vorgeführt. Den Anhang bilden elf
Dokumente, angefangen vom Abschiedsbrief Brüsewitz' bishin zum "(vorläufigen)
Abschlußbericht" zum geplanten Brüsewitz Zentrum der MfS-Kreisdienststelle
Zeitz.
Abgesehen von einigen sentimentalen und geschichtsklitternden Spekulationen
im offenbar nur lückenhaft nachzuvollziehenden Lebensweg Brüsewitz'("Oskar"
= Bote Gottes; "Der Zeit gemäß sprach einen Jugendlichen
wie Oskar der Nationalsozialismus an ...) sowie dem reißerisch
verkürzenden Untertitel, verdient dieses Werk kritische Beachtung.
Denn aus den säuberlich benannten Quellen wird ein weit über
Kircheninternas hinausragendes Verantwortungsgemenge erkennbar, das uns
allen eine Mahnung zu sein hätte.