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"Als der Führer in seinem Bunker in Berlin den Heldentod starb,
grub mein Onkel Otto in seinem Vorgarten in Moosach ein Loch. Groß
war das Loch, das mein Onkel Otto grub. So groß und geräumig,
daß der tote Führer bequem darin Platz gefunden hätte."
Mit diesem Absatz eröffnet Georg M. Oswald, Jahrgang 1963, die
erste Erzählung seines ersten Buches. "DAS LOCH" faßt neun Erzählungen,
die kürzeste vier, die längste gut vierzig Seiten umfangreich.
Jede Geschichte eigenständig, beschreiben doch alle die Einsamkeit,
sei sie nun allein oder in Anwesenheit anderer, insbesondere anderer aus
der eigenen Familie erlitten. Das ist aber beileibe nicht nur traurig,
denn der Autor stammt aus München mithin dem genius loci eines Karl
Valentin. So wird der eigentlich düstere Hintergrund einer Geschichte
von einem Sinn für groteske Situationskomik gebrochen und diese Brechung
durch eine aus dem Bayerischen ins Hochdeutsche übertragene Syntax
gesteigert. Manche Satzbandwürmer mit ihren, wie im richtigen bayrischen
Leben auch, stets eingeschobenen Wiederholungen, dürften bei den evtl.
sogar dialekt gefärbten Lesungen des Autoren den I-Punkt setzen.
"Die drei Polizistenkollegen waren, wie der Polizistenvater, ebenfalls
Polizistenväter, die alle drei Polizistensöhne oder -töchter
hatten, mit denen sie unausgesetzt vor den jeweils anderen Polizistenvätern
prahlten."
Nachkriegserlebnisse, eine Weihnachtsbescherung, ein gerade verstorbener
Hausmeister, der Diebstahl einer Grabvase samt Inhalt, die schwesterliche
Ernte von Stachelbeeren im ererbten elterlichen Hause, eine Taufe, eine
Künstlerliebe, ein Ausländerabschiebeverfahren und schließlich
"Tante Gertis letzter Satz" halten uns den Spiegel vor und lassen
sich nicht allzuschnell abschütteln. Ein gelungener Auftakt, der auf
weiteres gespannt macht.