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Ein Dorf am Ende der Welt steht unter einem grausigen Bann: In einer Winternacht sind alle Tiere verschwunden, nicht nur alle Nutz- und Haustiere, sondern auch alle Tiere der näheren Umgebung zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Die Erwachsenen, die sich noch an die Zeit davor erinnern, schweigen und verweigern jede Antwort. Nur Eines sagen sie den Kindern immer wieder: Geht nicht in den Wald, denn dort herrscht der Bergteufel Nehi, der für unser Unglück verantwortlich ist ...
Amos Oz erzählt hier in der geradezu singenden Übersetzung Mirjam Presslers ein Märchen über die Folgen von Hohn und Spott, die stets ein Opfer zur Unterhaltung brauchen. Und vom Schweigen und Vergessenwollen der Menschen, die meinen, damit die Erinnerung auslöschen zu können - was aber keineswegs nur als Vorwurf und Forderung an die Erwachsenen gemeint ist. Der Inhalt des Märchens wäre auf ein, zwei Seiten wiedergegeben, aber Amos Oz erzählt, wie man es vermutlich früher an den Lagerfeuern zelebrierte. Es ist die Hohe Kunst der Verlangsamung, die einen mitnimmt, um das Fühlen seiner Handlungsträger wirklich nachzuvollziehen und für den kleinen ermutigenden Hoffnungsfunken am Ende des Märchens offen sein zu lassen.
Nur ein Märchen? Wenn der Realität nicht immer wieder und immer noch mit der Weisheit solcher Geschichten der Spiegel vorgehalten würde, wäre unser Dasein weit erbärmlicher ...
Amos Oz hat mit seinem Märchen ein literarisches Meisterstück abgeliefert.