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Von welch klassischer Güte ein Kriminalroman sein kann, beweist
Steven Saylor in DAS LÄCHELN DES CICERO.
Sextus Roscius wird des Vatermordes angeklagt. Ein Verbrechen, das
selbst den nicht zuletzt durch ihren Diktator Sulla abgebrühten Römern
kalte Schauder über den Rücken jagt. Dem jungen, ehrgeizigen
Anwalt Marcus Tullius Cicero bleiben nur noch acht Tage, um eine unvorstellbar
grausame Strafe von dem Angeklagten abzuwenden - sein Tod wäre sonst
nach dem für dieses Kapitalverbrechen festgelegte Ritual die reine
Erlösung. Da es im Jahre 80 v.Chr. in Rom keine Polizei gibt, bedient
sich Cicero für seine Ermittlungen eines "Suchers". Obwohl
Gordianus große Bedenken hat, nimmt er den Fall an und gerät
in ein Intrigennetz, das Dallas & Co. zur Provinz degradiert.
Dieser Debutroman lebt von einer erfrischenden Schreibe, die aus offenkundig
umfangreichen Kenntnissen historischer Zusammenhänge zu schöpfen
vermag. Ganz egal, wo Gordianus seine Nachforschungen anstellen muß,
die Gosse, die öffentlichen Plätze oder die schwelgerisch luxriös
eingerichteten Patrizierhäuser scheinen einem zum Greifen nah, ebenso
nah, wie die unzähligen Menschen, die die Straßen und Häuser
Roms bevölkern. Der Ich-Erzähler Gordianus erweist sich in seinen
ironisch bis zynisch vorgetragenen Beobachtungen von erstaunlicher Gegenwärtigkeit.
Dabei bleibt er allerdings angesichts der Zeitlosigkeit gewisser Konstellationen
durchaus im Rahmen des Glaubhaften und Plausiblen.
Philosophische Betrachtungen
über die römische Tugend, wie sie von Cicero tatsächlich
überliefert sind, gewinnen um einiges an Würze, wenn sie wie
hier innerhalb des "allzu alltäglichen" Kontextes gestellt
sind. Neben dem Genuß am Eintauchen in das pulsierende Rom der Antike
werden selbst versierte Krimileser von den erstaunlichen Wendungen dieses
Falles angenehm überrascht und gefesselt sein.