buechernachlese.de
|
Im Jahre 1500 v. Chr. sind die vor Jahrhunderten als "Gastarbeiter" nach Ägypten eingewanderten Hyksos plötzlich den Anfeindungen des Pharaos ausgesetzt. Die Hyksos ergreifen die Flucht. Eine Gruppe von ihnen wird von dem Schreiber Seshmosis angeführt, der sich zudem unverhofft auch als Prophet eines 30 Zentimeter kleinen Gottes auserwählt sieht ...
Kaum zu glauben, aber tatsächlich sind Gerd Scherm mit seinem Fantasy-Abenteuer "Der Nomadengott" gleich zwei Wunder auf einmal geglückt. Dass deutschsprachige Autoren sich tief in ein Thema eingraben und daraus profunde Sachbücher zu erarbeiten vermögen, ist nicht selten - daraus aber einen locker gestrickten Roman zu entwickeln, der die Erkenntnisse mit viel Aberwitz ganz nebenbei, ja geradezu subversiv an die Leser bringt, ist nahezu einmalig. Zumindest formal drängt sich sogar ein Vergleich mit Monty Pythons Das Leben des Brian auf, agiert Seshmosis hier doch auch neben Moses, der eine andere Gruppe in das allseits bekannte Gelobte Land zu führen hatte. Aber Monty Pythons schräger Humor ist denn doch noch mal eine Klasse für sich und ihre Reibung Brians mit dem Leben von Jesus dementsprechend um einiges Funkenschlagender - das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Scherm hier offenbar als atheistischer Mythenkenner gegen Thora und Bibel zu Felde zieht.
So lässt er seinen kleinen Gott zu Seshmosis sagen: "... du musst dich leider damit abfinden, dass das mit der Erschaffung der Welt ganz anders gelaufen ist. Und jeder Gott, der es für sich in Anspruch nimmt, ist ein Hochstapler. (..) Gehe davon aus, dass es Natur gibt, schon immer. (..) Da ihr Teil der Natur seid, habt ihr das Bedürfnis, dass es uns (Götter) gibt."
Aber von dieser allzu plakativen Einschränkung abgesehen, gelingt es Scherm, ohne weitere moralinsauer geführten ideologischen Grabenkämpfe eine mitreißende Geschichte zu erzählen und die Tragikomik einer von menschlichen wie göttlichen Mächten verfolgten Gruppe höchst eigenwilliger Individuen aus dem Altertum vorzuführen. Und das macht wirklich Vergnügen.
Ach ja, das zweite Ausnahme-Wunder besteht darin, dass es dem Autor tatsächlich vergönnt war, sein zuvor selbst unter BoD verlegtes Buch zu einem preisgekrönten Bestseller zu machen, das nun sogar von einem der großen Label als Taschenbuch vorgelegt wird. Die Liebe Gottes ist eben schier unerschöpflich ...