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Nun sind also auch ausgewählte Texte des Kabarettisten Georg Schramm in einem Buch nachzulesen - endlich!
Doch Schramm wäre nicht gelernter Psychologe, wenn er das Ganze nicht auch noch als gespaltene Persönlichkeit servieren würde. So erhebt sich sein Alter Ego Lothar Dombrowski zum eigentlichen Autor von Lassen Sie es mich so sagen und kanzelt Georg Schramm kurzerhand ab, von wegen er sei ein Pseudonym, das lediglich dazu diente, ihm als "politisch ambitionierten Kabarettisten von zeitgemäß eloquenter Einfühlsamkeit" Zugang zur "so genannten Alternativszene und dem Milieu der Grünen" zu verschaffen.
Dombrowski leitet denn auch seine und die kabarettistischen Kleinodien der anderen Schramm'schen Figuren als kommentierender Conférencier ein, und beackert so ein weites, chronologisch in 15 Kapiteln untergliedertes Feld, das von 1983 bis heute reicht.
Der Vorteil, dank Funk, Fernsehen und CDs bereits vor Augen und in den Ohren zu sein, erhöht für die Fans von Lothar Dombrowski gewiss das Vergnügen an der Lektüre - aber er und auch die anderen zitierten Protagonisten, als da sind Oberstleutnant Sanftleben, August, das Urgestein eines hessischen SPD-Ortsvereins sowie die rheinische Frohnatur Rüdi vermögen auch ohne diese Vorerfahrung Hirn und Zwerchfell zu erschüttern. Dombrowski alias Georg Schramm brilliert mit seinen ausformulierten, selbst nach Jahren an nichts verlierenden Gedankengängen auch als reiner Text auf dem Papier. Seine im besten und umfassenden Sinn hintergründigen Figuren sind weit mehr als nur dramaturgische Staffage für klamaukige Dialekteffekte, sondern sie vereinen in sich stets eine Summe an Leben und Erfahrung, die über den Schlagwortabtausch hinweg unmittelbar zu Herzen geht und für ein Wiedererkennen sorgt. Einzig Oberstleutnant Sanftleben bedient ausschließlich das Klischee eines Militaristen, aber als Stabsoffizier für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein köstlich "feinfühlig" und bundesdeutsch gebrochenes Klischee.
Wer bei Lothar Dombrowski nur das Wiedererkennen von Anderen feiern will, wird stets eiskalt erwischt - der einarmige Spiel- und Spaßverderber zitiert mit messerscharfer Logik "seinen" Kant und lässt uns Wahlvolk ziemlich dumm dastehen. Und "sein" Preußen und der Alte Fritz dienen trotz ihrer bestenfalls vordemokratischen Strukturen als maßgebender Watschenbaum, vor dem die meisten heutigen Politiker und Politikerinnen und erst recht die Vertreter der Wirtschaft nur armselig wirken.
Kabarett bewirkt nichts? Es ist nur ein weiterer Teil der Unterhaltungsindustrie? Mag sein. Aber wer unter anderem Dombrowskis Wortkaskaden über das Unrecht in Alters- und Pflegeheimen liest und sich davon nicht berühren lässt, kann jedenfalls nicht behaupten, er hätte nichts gewusst, wenn er alsbald selbst dahin abgeschoben wird ...
Dieses Buch ist jedenfalls weit mehr als ein wohlfeiler Abklatsch üblicher medialer Vervielfältigung. Georg Schramms bedacht komponierte Werkschau macht aus seinen einzelnen Kabaretttexten wiederum ein großartiges Ganzes, dessen hellsichtige Brisanz hierzulande leider nur wenig Konkurrenz hat.