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EINE FRAGE DES GEMÜTS
Fast jeder Amerikaner kennt das deutsche Wort "Gemütlichkeit".
Nicht nur Anfang des letzten Jahrhunderts wurde "Gemüt" als etwas
typisch "Deutsches" empfunden, ja sogar als "eine extra deutsche Erfindung,
die alle anderen Nationen gar nicht kennen", wie es bei Ludwig Tieck
1822 heißt.
Martin Schreiner hat nun über diesen Begriff unter religionspädagogischen
Vorzeichen eine Doktorarbeit verfaßt, die zeigt, wie breit der Begriff
des Gemüts gesetzt war und ist. Seine historisch-kritische Begriffsanalyse
weist theologische, philosophische, pädagogische und psychologische
Besetzungen nach, die sich über die Jahrhunderte hinweg verwoben und
auch wieder voneinander abgegrenzt haben. In der spezialisierten Fachsprache
redet man heute allerdings eher von Teilaspekten des Gemüts, z.B.
wenn man mit der Fähigkeit zur Empathie eine seiner Funktionen untersucht.
Martin Schreiner schließt seine Arbeit denn auch mit dem Verweis,
daß im Rahmen eines ganzheitlichen Bildungsbegriffes auch ein ganzheitlicher
Gemütsbegriff eine wesentliche Rolle spielen müßte.
Einerseits um tumb-teutsche Gemüter beim Mißbrauch deutscher
Sprache widersprechen zu können, aber auch um dem eigenen Religionsverständnis
geistiges Futter zu geben, sollte dieses Buch in keinem christlichen Haushalt
fehlen. Dank der sauberen Quellenscheidung sowie der überschaubaren
Kapitel-, Fußnoten und Registergestaltung ist es nicht zuletzt auch
als Nachschlagewerk und Fundgrube für eigene wissenschaftliche Arbeiten
sehr zu empfehlen.