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Ein portugiesisches Segelschiff läuft 1579 in den Hafen von Kinchotsu ein. Nach seinen Aufenthalten in Indien und Macao gelangt damit der Jesuitenmissionar Alessandro Valignano als Stellvertreter des Papstes zum ersten Mal nach Japan. In seinem Gefolge ist auch ein kampferprobter Sklave aus Ostafrika, der von Valignano "Isaak" getauft wurde. Auf Veranlassung Valignanos ausgebildet in mehreren Sprachen, soll Isaak ihn als Leibwächter von Kinchotsu aus nach Kyoto begleiten.
Auf dem Weg dahin wird Isaak wegen seiner Größe und seiner dunklen Hautfarbe oft wie ein Dämon angestarrt - und gefürchtet. Zudem nennen sie Isaak in Japan alsbald nur noch "Yasuke".
In Kyoto angekommen, will Valignano den Kriegsherrn Oda Nobunaga treffen, der das noch immer in mehrere Fürstentümer geteilte Japan unter eine, nämlich seine Herrschaft zu bringen sucht. Valignanos Interesse hingegen ist, mit der Zustimmung Odas in Nagasaki eine Kirche und zugleich einen Stützpunkt für seine Missionstätigkeit aufbauen zu können.
Da passt es gut, dass Oda Gefallen an dem hochgewachsenen und sprachgewandten Soldaten findet, der sich zudem schon nach kurzer Zeit auch den japanischen Sitten und Höflichkeitsformen anzupassen verstand. Und so wird Yasuke von Valignano Oda zum Geschenk gemacht. Ein Umstand, der Yasukes Leben eine völlig neue Richtung geben sollte - und das angesichts seiner Verschleppung als Kind aus Ostafrika nicht einmal zu seinem Nachteil …
Mit "African Samurai" legt der Kanadier Craig Shreve einen "Roman nach einer wahren Begebenheit" vor. Von Urban Hofstetter sehr eingängig übersetzt, versteht es Shreve auf der Grundlage einiger weniger überlieferter Fakten über Yasuke einerseits das Einzigartige an dessen "Karriere" herauszustreichen und andererseits dem Schrecken, der im 16. Jahrhundert der Menschenraub und Sklavenhandel für die Einwohner Afrikas bedeutete, ein Gesicht zu geben - in diesem Zusammenhang gilt dieses "Gesicht geben" dann natürlich auch dem zynischen Utilitarismus christlicher Würdenträger als Käufer dieser Sklaven wie auch dem graduell anders ausgerichteten Utilitarismus des beschenkten Oda.
Das ist so spannend wie zuweilen auch anrührend. Zudem werden in diesem an eine antike Heldengeschichte gemahnenden Handlungsverlauf gleich zwei Kulturen und ihre Vorstellungen von Ehre und Höflichkeit einander gegenübergestellt bzw. zusammengebracht, die den Europäern damals und zumeist selbst heute noch sehr fremd sind.
Allerdings: Selbst in den antiken Geschichten von Homer kommen weibliche Protagonisten wenigstens als Königinnen und auch als sehr machtvolle Göttinnen vor. In "African Samurai" hingegen hat Yasuke lediglich einige Kindheitserinnerungen an seine Mutter und er trifft auf eine (als einzige) nicht historisch belegte Dienerin am Hofe Odas, die er wohl gern näher kennengelernt hätte. Doch auch von ihr erfährt die Leserschaft so gut wie nichts, da sie sehr schüchtern ist und zudem auch wegen ihrer vielen Arbeit Yasuke meist aus dem Weg zu gehen hat.
Dennoch: Auch wenn die Beleglage sehr dünn ist (dabei z.T. auch noch von den Wikipedia-Erkenntnissen zur Person Odas und dessen Ende abweicht) und der Roman vor allem auf Mutmaßungen aus "zeitgemäß" eingeschränkt männlicher Sicht basiert, bietet er ein Leseabenteuer, das durchaus zu unterhalten vermag.