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Büchernachlese-Extra: Biblische Geschichten für Kinder und Jugendliche

Stephan Sigg

Auf mich kannst du zählen!

12 Gleichnisse aus unserer Zeit. Gabriel Verlag, Stuttgart / Wien 2010. Ab 12 Jahre. 220 Seiten. 14,90 Euro. ISBN: 978-3-522-30191-6, >>> Amazon
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Für denselben Lohn im Ferienjob arbeiten wie derjenige, der nur halb soviel Leistung gezeigt hat? Nach Hause zurückkehren, nachdem man sich erst großspurig in die Großstadt verabschiedet hatte und dann dort "Baden" ging? Überrascht werden durch die Hilfe von jemandem, den man zuvor verachtet hat?
Stephan Sigg sucht unter dem Titel "Auf mich kannst du zählen!" in zwölf Kurzgeschichten Alltagssituationen vorzustellen, die nicht leicht aufzulösen sind. Jahrgang 1983, hat der Schweizer Autor 2007 ein Theologiestudium abgeschlossen - nahe liegend, dass seine in den Geschichten intendierten Lösungen auf Gott resp. Jesus verweisen .. sollen.
Sigg hat sich schlicht verhoben, wollte er, wie es im Untertitel des Buches heißt, doch nicht "nur" Geschichten sondern "12 Gleichnisse aus unserer Zeit" zum Besten geben. Tatsächlich sind sie weder wirklich das eine und schon gar nicht das andere. Und hier sind insbesondere das doch auf Texte im biblischen Umfeld geeichte Lektorat und der Verlag selbst anzufragen, was sie sich bei der Publikation dieses Titels gedacht haben - außer zu Firmung oder Konfirmation um Geschenkideen verlegene Anverwandte mit entsprechenden Stichwörtern locken zu wollen.
Dem Mittzwanziger ist immerhin das Talent zuzugestehen, dass einige der beispielhaft entwickelten Situationen sowie Duktus und Diktion seiner Protagonisten dem anvisierten Zielpublikum jugendlicher Leser entgegenkommen dürften. Doch seine durchschnittlich 15 Seiten langen Geschichten behaupten am Ende mehr als sie überzeugen könnten, während hingegen die kurzen und kürzesten Gleichnisworte Jesu seine Zuhörer einst unmittelbar "abzuholen" und zum Hinterfragen ihrer Positionen veranlassten.
Selbst Wesentliches hält uns der Autor in seinen umfangreichen Entfaltungen vor, wenn er die Gleichnisse nicht vollständig nacherzählt und z.B. in "Das Gespräch mit Jimmy", das auf den "verlorenen Sohn" abhebt, die vielen nachvollziehbare Eifersucht des daheim gebliebenen Bruders unterschlägt. Ganz abgesehen davon, dass nicht nur Jugendliche vor dem Verständnis des alles schon erlebt habenden Imbiss-Lokalbesitzers eher schreiend davonlaufen würden als sich wie Jimmy von ihm beraten und helfen zu lassen. Und auch bei einer Geschichte wie "Nicht erreichbar" sollte sich der Autor gleich noch einmal an die Exegese machen - denn seine Ableitungen vom Gleichnis des "verlorenen Schafes" stimmen hinten und vorne nicht bzw. haben zumindest theologisch nichts mit diesem Gleichnis zu tun.
Unschwer zu erraten, dass, allein gelassen mit dem Buch, der Beschenkte es alsbald in irgendeinem Regal nur noch Staub ansetzen lassen wird.
Aber wenn die Jugendlichen dieses Buch schon nicht freiwillig lesen, könnte man es dann nicht wenigstens im Religionsunterricht einsetzen? Angesichts der allseits zu beklagenden Leseschwäche würde allein die Lektüre einer von Siggs Geschichten in einer 6. oder 7. Klasse nahezu einer ganzen Schulstunde bedürfen - auch hierfür bleiben die Original-Gleichnisse weit zweckmäßiger, um sie von den Schülern dann selbst in den Alltag übertragen zu lassen. Denn das leisten die Gleichnisse und mit ihnen auch die meisten Schüler!
Das einzig wirklich Positive, was man nach der mit dem Neuen Testament vergleichenden Lektüre dieses Buches sagen kann, ist die neuerliche Erkenntnis, wie sehr an die Wurzeln gehend noch heute die Worte Jesu zu treffen vermögen. Dessen Verdichtung kraftvoller Zumutungen nachzueifern ist gewiss erstrebenswert, aber eben nur wenigen gegeben. Daran in einem ersten Versuch zu scheitern, deshalb kein Beinbruch - aber angesichts des gewichtigen Vorbilds, sei es nun inhaltlich wie formal, und gerade wenn man mit einem solchen Buch Jugendliche (wieder) fürs Lesen gewinnen will, gilt es Gutgemeintes von empfehlenswerter Literatur zu unterscheiden.
Schade.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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