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Dorothee Sölle

Gegenwind

Autobiographische Erinnerungen. Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg 1995, 319 S., ISBN: 3-455-08584-9, >>> Amazon
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Sooft eine Nachricht in Rundfunk oder Fernsehen ein Gegen-den-Strom-schwimmen bezeugte und es dabei um die Trias Kirche, Feminismus und die Theologie der Befreiung ging, wurde meist ihr Name inklusive einer bündigen Stellungnahme mitgenannt: Dorothee Sölle. "Die" Sölle hat jetzt ihre autobiographischen Erinnerungen veröffentlicht. Nicht termingerecht zum 65., sondern erst zu ihrem 66. Geburtstag. Und eigentlich wollte sie ja gar nicht. "Ich bin doch kein abgehalfterter Politiker, hab' was Besseres zu tun!" Gut, daß ihr Lektor nicht locker gelassen hat, denn hinter D. Sölle steckt ein Menschenleben, das nicht nur spannend nachzulesen ist, sondern auch ein Christ(lich)-Sein, das wieder Hoffnung auf Kirche machen kann ...
Darüberhinaus kann die passionierte Poetin ausdrucksstark schreiben und mitreißend erzählen.
So muß sie sich als 16-jährige im November 1945 in ihrem Tagebuch eingestehen, "naziverseucht" zu sein. Sie hatte erst jetzt erfahren, das ihr Vater ein "Vierteljude" war und kämpfte gegen den nicht zu unterdrückenden Gedanken, im "Nichtarischen das Unreine, Mindere" zu sehen. Auf die Teilhabe am Judentum stolz zu sein, lernte die sich früh mit dem Intellekt auseinandersetzende Autorin erst später.
Nach dem Studium der Existenzphilosophien u.a. eines Heideggers, läßt sie sich durch die Lektüre Kierkegaards zur "Religion verführen". Sie studierte Klassische Philologie, Germanistik, Philosophie in Köln und Freiburg, dann Theologie und Literaturwissenschaft in Göttingen. Wichtige Lehrer waren ihr dabei u.a. Friedrich Gogarten und Rudolf Bultmann, dem sie ein eigenes Kapitel gewidmet hat.
1968 beginnt sie als Studienrätin im Hochschuldienst gemeinsam mit anderen die "politischen Nachtgebete". Dabei erwirbt sie u.a. die Unterstützung und spätere Freundschaft mit Heinrich Böll. Trotz aller Blessuren und Nicht-Anerkennungen z.B. seitens der "ordentlichen" Professorenschaft kann sie auch noch auf den letzten Seiten ihres Buches schreiben, "daß die Mißbrauchsgeschichte die Gebrauchsgeschichte nicht ersetzen kann." Das bezieht Dorothee Sölle auf ihren Glauben an das Christentum, aber auch auf den Sozialismus, denn: "Es muß einen dritten Weg geben. Für mich ist einfach undenkbar, mich auf diese simple Spaltlogik einzulassen: Kapitalismus oder Stalinismus."
Zu anderen für sie zentrale Themen hat sie sich lieber im Gedicht geäußert, denn "Prosa bringt das Leben schon genug mit sich."
Ein fesselndes, im besten Sinne aufregendes Buch einer überzeugenden Christin.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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