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Beim Durchwühlen der Tiefkühltruhe nach Essbarem entdeckt der zwischen Fernsehkonsum und Masturbation nicht nur an seiner Pubertät leidende Bernie Karp einen Eisblock, in dem ein alter Mann eingefroren ist. Einst als Rabbi verehrt, wurde er in diesem Zustand von einer an die nächste Karp-Generation weitergereicht. Nach einem Stromausfall taut er auf und erwacht aus seiner über 100 Jahre währenden Versenkung. Das war 1999.
Während der nun äußerst lebenslustige Rabbi alsbald neue Jünger um sich schart und zur neuen Kultfigur der Esoterikszene wird, durchlebt Bernie einen durchgreifenden Wandel seiner Persönlichkeit. Er lernt ungeahnte Sphären sowie ein furchterregendes Mädchen namens Lou Ella kennen. Bis zum Herbst 2002 machen sich beide mit den sagenhaften Geschichten um das Gefrieren des Rabbis und die ihn durch die Jahrzehnte schleppenden Vorfahren Bernies vertraut. Doch das Finale stellt alles auf den Kopf ...
Wiewohl das unkorrigierte Leseexemplar noch einige Ungenauigkeiten offenbart und auch noch ohne den für die HC-Ausgabe angekündigten Glossar ausgestattet ist, weiß dieser Roman neben seiner zuweilen etwas krachledernen Skurrilität vor allem durch seine erhellend politische Unkorrektheit zu überzeugen. Nicht das Judentum an sich als vielmehr die sich daran mal mehr mal weniger klammernden Menschen werden in ihrer vom chassidisch Erleuchteten bis zum gefühllosen Terroristen reichenden Vielfalt vorgestellt. Sie alle, ob nun extrem veranlagt oder vom Mittelmaß geerdet, bilden in den chronologisch eingeschobenen Rückblicken den eigentlichen Kern des Romans, während der Gegenwartsstrang als Aufhänger des Ganzen die schwarzhumorige Tonlage vorgibt, ohne dabei auf zärtlich subtile Zwischentöne zu verzichten.
Eine durchaus lesenswerte Zumutung.