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Auf einem "Westgrundstück" lebten früher Leute, die
aus der DDR in den Westen gegangen sind. Opa Kunze wohnte bis vor kurzem
noch in einem solchem Haus. Dann kam jedoch Herr Stresemann in einem metallicgrauen
Mercedes vorgefahren und machte Opa Kunze ein Angebot, das er nicht ausschlagen
konnte. Opa Kunzes Sohn hatte nämlich eine Menge Geld verloren. In
den Augen der Nachbarschaft, insbesondere in denen der Kinder Toni, Sonja,
Max und Jürgen sieht das jedoch so aus, als sei Opa Kunze vertrieben
worden. Als dann die alte Mutter von Herrn Stresemann in das aufwendig
renovierte Haus einzieht, hat keiner ein gutes Wort für sie. Zudem
erweist sich ihr dicker Kater Theo als ungeladener Vielfraß in fremden
Küchen. Da gründen Toni und seine Freunde ein "Gerechtigkeitskomitee"
á la Robin Hood. Sie wollen Kater Theo entführen, um mit dem
Lösegeld Opa Kunze eine Wunschtraumreise nach Madeira zu finanzieren.
Eine Idee mit ungeahnten Folgen.
Das erste Kinderbuch von Tanja Stern greift im Rahmen einer Abenteuergeschichte
deutsch-deutsche Vorurteile auf. So kommt die Idee mit der Katerentführung
nicht von ungefähr, müßte sie doch nach dem Gerede der
Erwachsenen auch auf deren insgeheime Gegenliebe stoßen. Davon abgesehen
war Opa Kunze für den Ich-Erzähler Toni mehr als nur ein Nachbar.
Mit einem sicherem Gespür für Situationskomik versteht es die
Autorin jedoch, das Blickfeld zu erweitern. Die "Helden" erkennen
schon bald, daß die Entführung eines Katers so seine Tücken
hat, und dann weckt Frau Stresemann auch noch nach und nach das Mitleid
sämtlicher Nachbarn - einschließlich der Entführer.
Ohne je ins Moralinsaure abzugleiten, hält sich hier Abenteuerlust
und Erkenntnisgewinn in einer glaubwürdigen Balance. Und bei dem subtilen
Witz, mit dem ihre Eigen- und Redensarten "gestrickt" sind, würde
man diese Helden noch gern auf ein, zwei weiteren Abenteuern begleiten.