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Bis zu seiner Rückkehr aus Kanada hatte sich Hugo als Bassist in einigen Jazzformationen über Wasser gehalten. Mit über 40 Jahren wollte er in seiner Heimatstadt Lissabon endlich einen Neustart als Komponist versuchen. Doch mehr als eine halbfertige Melodie, die er zwar immer wieder auf seinem Kontrabass anstimmt, aber weder aufgenommen noch schriftlich fixiert hat, gelingt ihm nicht. Aber es kommt noch schlimmer: Während eines Konzertes spielt der berühmte Pianist Luis Stockmann Hugos Melodie als Zugabe. Und Hugo und Luis Stockmann sehen einander zum Verwechseln ähnlich
Joćo Tordo ist ein portugiesischer Autor, der bereits mit dem bedeutenden Literaturpreis Prémio José Saramago ausgezeichnet wurde. 2013 legte er unter dem Titel "O ano sabatico" einen Roman vor, der nun unter "Stockmanns Melodie" auch in eingängig deutscher Übersetzung von Barbara Mesquita erschienen ist.
Seine Geschichte einer etwaigen Doppelgängeridentität erinnert in ihrer Phantastik an eine von Borges, und sie entwickelt mit ihrem Spannungsfeld zwischen blanker Wut und Selbstzweifeln sehr schnell große Sogkraft.
Doch Tordo geht einen Schritt weiter und fügt an Hugos "Finale" einen zweiten Teil an, in dem er selbst als Autor und einst bester Freund von Luis Stockmann auftritt. Wo Hugo zwischen Wahn und Wirklichkeit nach der oder wenigstens einer Wahrheit sucht, werden im zweiten Teil die Trauer und das Nachspüren um den rätselhaften Verlust eines Freundes zur philosophischen Auseinandersetzung um das, was eigentlich doch unmöglich Scheinendes mit Wirklichkeit und Wahrheit verbinden könnte - und dabei auch um das, was den Musiker von einem Instrumentalisten unterscheidet.
Ein literarisches Glanzstück, dessen melancholischer Grundton an einen mit Jazzelementen fusionierten Fado gemahnt.