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Beim biederen Knaur Verlag einen Band mit Satirestories untergebracht
zu haben, ist schon bemerkenswert, noch dazu wenn die Satire
sich u.a. sehr eindeutig mit der Person dieses unseren Kanzlers
auseinandersetzen darf. Letzteres ist allerdings nur noch für
Leute interessant, die in dieser konfusen Welt eindeutige
Wahrheiten im Dutzend oder einfach einen Hang zur Nekrophilie
haben. In Fallobst wie unsere Birne tritt
doch keiner mehr absichtlich hinein - Alf Tondern tut es von Titel an,
wenn auch nicht ausschließlich. Alle im Bundestag vertretenen
Parteien, jede mittlere und größere Katastrophe der letzten
Jahre werden vorgeführt und wiederum als Katastrophe
"entlarvt" und benannt. Das geschieht sehr gekonnt
und pfiffig, wenn es z.B. um die posthume Benamung von Straßen
und Plätzen nach dem seeligen F.J.S. geht oder, s. Kohlreminiszenzen,
auch nur in Form aufgewärmter Witzchen oder unerträglich
in Reim-dich-oder-freß-dich-Ergüssen, die nicht mal in der Mainzer
Bütt eine Chance hätten.
Sein in den stories ENDLÖSUNG und HABEN SIE'S VERSTANDEN
nachweisbar unausgegorenes Verhältnis zum Holocaust
bzw. zum heutigen Israel ist allerdings mehr als peinlich
und für einige zu spät geborene Linke leider nicht untypisch.
Aber abgesehen davon, ist Alf Tonderns Ringen
um Wahrhaftigkeit aller Ehren, wenn auch nicht zuallererst
literarischer Ehren wert, denn unsere konfuse Welt kann auf keinen Rufer
in der Wüste verzichten.