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Stellen Sie sich vor, einer erzählt aus seinem Leben und bringt
es dabei fertig, sein Gesicht genausowenig zu verziehen wie einst Buster
Keaton.
In acht Kapiteln "berichtet" der in Berlin lebende Hans-Ulrich
Treichel VON LEIB UND SEELE. Statt nun ein vielhundert Seiten dickes Compendium
zu verfassen, beschränkte sich der in Berlin lebende Autor auf knappe
80 Seiten. Die haben es allerdings in sich. Es ist manchmal schwierig,
bestimmte Prosastücke mit Genrebezeichnungen zu versehen und sie in
passende Schubladen zu stecken. Aber diese Texte mit "Berichte"
zu unterschreiben, trifft nur insofern ins Schwarze, als Treichel scheinbar
von sich und jedweder Schlußfolgerung losgelöst seine Geschichten
erzählt. Es sind acht Grotesken, die lediglich durch den Ich-Erzähler
zusammengehalten werden und jede für sich das Zwerchfell zu reizen
vermag, selbst dann, wenn es um das pathologische Einsamkeitsgefühl
des Ich-Erzählers geht. Selbst die erste: Trotz der an Länge
Cäsar noch übertrumpfen wollenden Schachtelsätze wird hier
nämlich sehr erfolgreich und dröge ein Aspekt einer Kindheit
aus der Sicht eines Kindes in den 50iger Jahren vorgeführt: Jenes
in Nebelhalten der Vergangenheit, das sich auch in den pauschalierenden
Umschreibungen für bestimmte Personengruppen ausdrückte. DER
RUSSE, DER POLE ...
Es folgen Therapieversuche, die allesamt abgebrochen wurden, da dem
Patienten entweder der Markenname eines Kassettenrekorders zu sehr ins
Auge stach oder ein anderer Analytiker sich schließlich selbst vergiftete.
Der Schlag in die entsprechende Szene trifft heftig. Ebenso der gegen die
Germanisten- und Literaturszene, wenn Treichel universitäre "Streitgespräche"
oder die Entstehung mancher Preisverleihungen glossiert.
VON LEIB UND SEELE ist eigentlich nur an einer Stelle unbefriedigend,
nämlich am Ende, das viel zu früh die Droge des freigiebig versprühten
Sarkasmus entzieht, ohne noch die Kurve zu etwas anderem zu finden. Da
fehlt etwas, was diesen Appetithappen zu einer vollwertigen Kost werden
läßt und es beschleicht einen das Gefühl, der Titel des
Buches sei doch eine Spur geprahlt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Hans-Ulrich Treichel siehe:
Büchernachlese-Extra: Hans-Ulrich Treichel