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Die Anfang der 80iger Jahre von Joan D. Vinge verfaßte Science-Fiction-Saga
DIE SCHNEEKÖNIGIN spielt innerhalb eines fremden Weltensystems, um
auf der Grundlage von Andersens gleichnamigen Märchen eine uralte
Geschichte ganz neu zu erzählen. Der Planet Tiamat ist nur alle 150
Jahre von den anderen Planeten der Hegemonie aus zu erreichen. Solange
die Hegemonie nicht präsent ist, verfallen alle technischen Errungenschaften,
werden die Tiamataner wieder zu einem "rückständigen"
Naturvolk, in dem die "Sommerleute" das Sagen haben. Ist die "Schwarze
Pforte" aber geöffnet, regiert die Schneekönigin, allerdings
nur insoweit als sie die Hegemonie mit dem "Wasser des Lebens" zu
beliefern hat. Dieses Wasser verlängert das Leben und erhält
das jugendliche Aussehen. Es wird von robbenähnlichen Wesen gewonnen,
die dazu hundertfach hingemetzelt werden. Dieser scheinbar in sich abgeschlossene
Roman über Macht und Machtmißbrauch, Tradition und Vorurteile,
Berechnung und großer Liebe wurde (völlig zurecht) mit dem HUGO
AWARD ausgezeichnet, einem der höchsten Preise dieses Genres. Mit
DIE SOMMERKÖNIGIN findet dieses Werk nun seine zweibändige und
zweieinhalb mal so umfangreiche Fortsetzung und setzt genau da an, wo Mond
Dawntreader die Macht der SCHNEEKÖNIGIN bricht. Gab es im ersten Roman
nur sehr seltene Ausflüge in den Orbit, erlaubt die Fortsetzung durch
die im Wechsel erzählten Ereignisse auf Tiamat und den hochtechnisierten
Planeten der Hegemonie eine neue Dramaturgie. Wenn auch das Wasser des
Lebens noch immer nicht synthetisch hergestellt werden kann, so wurde nun
eine Energiequelle des "Alten Imperiums" wiederentdeckt, mit deren
Hilfe man ohne Zeitverschiebung zwischen den Welten reisen kann - somit
kann auch Tiamat noch weit vor Ablauf der sonst üblichen 150 Jahre
wieder besucht und die Jagd auf die "Mers" wieder aufgenommen werden.
Neben dem Aspekt, den alle Tierschützer nachvollziehen können,
übersehen die Hegemonialmächte allerdings, daß diese Mers
Teil eines hochkomplexen Datensystems sind, auf dem insbesondere ihre eigenen
technischen Möglichkeiten beruhen. Es beginnt ein Wettlauf mit der
Zeit ...
Mit diesen Romanen gelingt es Joan D. Vinge hochkomplexe Beziehungsgeflechte
zwischen den (bis ins Detail ausgemalten) Welten und ihren Bewohnern kenntlich
zu machen. Ihre Helden reifen, werden älter, durchleben Veränderungen
und gewinnen so auch neue Einschätzungen vom jeweiligen Gegenüber.
Die "Zufälle" erweisen sich als Teil eines in sich schlüssigen
Konzepts, das dem Hier und Heute näher ist, als manchem lieb sein
mag - ein unterhaltsames Romanwerk also, das wahrhaftig über den irdischen
Tellerrand zu schauen vermag.