buechernachlese.de
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Erich Loests Aufruf, "polnische Literatur in Deutschland nachdrücklich
zu popularisieren", trägt erste Früchte. Wechselseitige Lesungen,
ein Poeten-Dampfer in polnischen Gewässern und nun auch ein polnisch-deutsches
Lesebuch mit dem Titel NACH DEN GEWITTERN. Anthologien, d.h. die Sammlung
verschiedener Geschichten und Gedichte von verschiedenen AutorInnen sind
in der Gunst der Leser hierzulande leider nicht sehr hoch angesehen. Sie
sollten ihre Abwehr gerade bei diesem Buch überwinden. Es lohnt sich.
Die "Besetzung" der 40 AutorInnen ist hochkarätig. Von den Polen seien
stellvertretend Hanna Krall, Andrzey Szcypiorski und der Nobelpreisträger
Czeslaw Milosz, von den Deutschen Günter Grass, Günter de Bruyn
und Christa Wolf genannt. Das Verhältnis der beiden Länder dokumentiert
sich somit in vielfältigen Perspektiven:
Aus der Sicht der Täter,
der Opfer, der in ihrer Rolle ungewissen, der Dagebliebenen und der Exilanten,
der Vor- und der Nachkriegsgeborenen. Nicht zuletzt der Begriff "Heimat"
wird aufgeladen, oder ihm wird Luft abgelassen. Der Optimismus hält
sich in Grenzen. Aber jede Geschichte macht Appetit auf die Nächste.
Und selbst Lyrik-Abstinenzler dürften an den knappen Aphorismen eines
Ryszard Krynicki ihre Freude haben.
Vorurteile müssen überwunden werden - lesen wir dagegen an,
noch dazu, wenn es derart formvollendet dargeboten wird!