buechernachlese.de
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Weil es mit der Rockband nichts mehr zu verdienen gibt, muß er
umsteigen: Hinter das Steuer eines Taxis.
Aller Anfang ist schwer, dauert es einige Zeit bis er den versehentlich
ausgelösten Alarmknopf oder den richtigen Kanal im Funkverkehr und
schließlich den gewünschten Zielort findet. Schon etwas sicherer
geworden, verlangen nun vor allem die Reize seiner Fahrgäste einiges
an Aufmerksamkeit ab: Von und zu der Reeperbahn nachts um halb eins wollen
nicht nur Prostituierte oder andere Vertreter des halbseidenen Gewerbes
befördert werden, sondern auch manch Ehrenwerter zeigt sich von seiner
Kehrseite, wenn er daneben zielt und nicht den Sitzplatz trifft.
Als er längst weiß, was unter 'Stich', 'Mini' und 'Sieger'
zu verstehen ist, sind die zum Teil dummdreisten Monologe von rückwärts
nur noch nervend. Daß die Freundin auf 'nem Trip mit einem Andern
ist, und das eigene Leben schon für 300.-DM Kasse mit Mord bedroht
wird, kratzt erst recht am Lack ...
Kalla Wefel erzählt nicht nur von aberwitzigen Situationen und
dem drumherum eines Taxibetriebes, es ist seine eigene Geschichte,und die
erlebte er auch als Teil der Zeitgeschichte: Von der mit ihm auf der selben
Bühne auftretenden Nena - noch ohne 99 Luftballons - bis zum 'Hamburger
Kessel' zieht das letzte Jahrzehnt an der Windschutzscheibe vorrüber.
Nicht zu übersehen, aber für
Kalla kein Grund zu bierernsten Resumees. Im Gegenteil. Pathos oder
auch nur 'literarischen Anspruch' stellt der Autor 195 Seitenlang keineswegs
belanglosen Wortwitz entgegen, um 'ganz einfach' von seinem Arbeits- und
Beziehungsleben in der Hamburger Szene zu erzählen. Wortwitz im Sinne
ungekünstelter Sprache und dabei immer wieder aufs Neue glucksen und
lachen müssen.
Die Federzeichnungen von Barbara Eckholdt tragen dem mit spitzer Feder
Rechnung.
Taxifahrer/innen werden kein Problem haben, auf SIND SIE FREI? abzufahren,
selbst wenn sie 'auf'm Posten' lange warten müssen, selbst wenn die
Kundschaft darin liest ...