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Edward Whittemore

Das Buch der Bücher

Roman. Goldmann Verlag, München 1987, 386 S., ISBN: 3-442-30082-7, >>> Amazon
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DAS BUCH DER BÜCHER ist der Ehrentitel der Bibel und nun auch der Titel eines sehr weltlich gehaltenen Romans. Dennoch ist dieser Titel nicht leichtfertig oder gar in blasphemischer Absicht gewählt worden, auch wenn DAS BUCH DER BÜCHER in erster Linie die Kehrseite frommen Glaubens auffächert. Theologisch erwiesen ist, daß in der Bibel die Glaubenserfahrungen mit Gott im Laufe vieler Jahrhunderte von vielen, meist unbekannten Menschen bezeugt wurden. Genauso erwiesen ist aber auch die Tatsache, daß trotz jahrtausende alter Erkenntnisse vom besseren, weil 'Gott gefälligen' Leben die Gewalttaten gegen sich und die Mitwelt keineswegs abgenommen haben. Aus Gewohnheit ist noch lange keine Logik abzuleiten, also hinterfragt Edward Whittemore diesen eigentlich chaotischen Befund der Menschlichkeit mit der Vorstellung, daß die ältesten auffindbaren Schriften nicht etwa 2000 sondern 3000 Jahre alt sind - eingeschlossen des Neuen Testaments, was theologisch ja eine Unmöglichkeit wäre. Hinzu kommt, daß diese Urbibel offenbar von einem bettelnden Blinden verfaßt wurde, der sie wiederum einem lediglich des Schreibens mächtigen Schwachsinnigen diktierte. In Jerusalem, dem Kulminationspunkt des Romans, verschwindet mancher und manches, aber die Freude am Erzählen hält die Erinnerung am Wesentlichen wach, und so ist es nicht weiter verwunderlich, daß sich viele auf die Suche begeben und höchste Preise für das Auffinden dieser Schrift einsetzen: Ein Zar sein Zarenreich, die anderen zumeist ihr Leben.
Ein Frau meinte dazu: "Warum gibt es solche Hirngespinste, denen ihr Männer hinterherlauft, und warum laßt ihr euch von ihnen verführen? Wieso ist es immer dasselbe mit euch? Ihr hört von diesem verdammten Buch und dreht durch - alle, ohne Ausnahme!"
Heutzutage einen Menschen mit der Auseinandersetzung um Gott und die Bibel hinterm Ofen hervorzulocken, bedarf es schon einiger Kunstfertigkeit, eine provokante These allein reicht dazu nicht aus. Zum einen ist es,Gott sei Dank, kein rechthaberisch belehrendes Sachbuch, sondern ein Roman. Ein Roman, der alle Vorzüge seiner Gattung aufweist. Mit jedem Kapitel wird eine neue Person seiner Herkunft und Zielsetzung nach vorgestellt, um später mit ein, zwei oder allen anderen Personen in eine enge oder lose Verbindung gesetzt zu werden. Das Aufeinandertreffen dieser Menschen geht nie spurlos vorüber, macht das Ende des Romans völlig plausibel. An Zufälligkeiten glaubt da keiner mehr. Die Menschen aus dem romantisch-exzentrischen 19. Jahrhundert mögen zu Anfang des 20. Jhds. - festgesetzt auf das Jahr 1918 - allesamt sterben, aber sie sind die Wegbereiter unseres Jahrhunderts, das geradewegs in die Apokalypse zu führen scheint. Der Wandel dieser Epochen wird an den handelnden Personen und nicht zuletzt an der Sprache des Erzählers sichtbar.
Bissig wie Bernhard Shaw deckt er die Lächerlichkeit menschlichen Ehrgeizes auf, um schließlich den gegenwärtigen Irrwitz mit poetischer Träumerei gegenzuzeichnen.
Edward Whittemore umwebt seine Leserschaft wie ein orientalischer Märchenerzähler, hält sie in seinen Fäden bis zum Schluß gefangen - nachlesbar in einem Buch der Bücher.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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